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Von Andrea Pistorius

Paderborner
Perspektiven

Festspiele sind ein Imagegewinn


Der Kreis Paderborn kann sich glücklich schätzen, denn hier macht die Kultur keine Sommerpause, hier ist selbst in den großen Ferien richtig was los. Doch die beiden Festspiele in Bad Lippspringe und Dalheim, die bei kunstsinnigen Menschen außerordentlich beliebt sind, müssen Jahr für Jahr um ihre Fortsetzung bangen.
Die beiden Intendanten Rudolf Broer und Wolfgang Kühnhold haben sich von finanziellen Unwägbarkeiten niemals entmutigen lassen. Dabei standen öffentliche Geldquellen von Anfang an weder als Basisausstattung noch als Notgroschen zur Verfügung. Broer benötigt für den »Klassik-Sommer Bad Lippspringe« einen Etat von 60 000 Euro; Kühnhold kalkuliert für den »Dalheimer Sommer« mit 100 000 Euro. Gedeckt werden die Summen im wesentlichen durch Eintritts- und Sponsorengelder.
Staatliche Stellen fördern die beiden Festspiele weniger durch bare Münze, als vielmehr durch unkonventionelle Hilfe. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) stellt sein Kloster für Konzerte und Schauspielaufführungen unentgeltlich zur Verfügung. Willi Schmidt, Verwaltungschef der Kurstadt, überweist aus seinem Bürgermeisteretat 5000 Euro. Dazu sind Mitarbeiter der Stadtverwaltungen in Bad Lippspringe und Lichtenau informell im Einsatz: für Werbung und Kartenverkauf, für Ordnungs- und Aufräumdienste.
Rudolf Broer hört trotz der guten Publikumsresonanz und vielfältiger ideeller Unterstützung auf. »Nach acht Jahren ist jetzt Schluss«, sagt der Unternehmer, der die Konzertreihe 1998 begründete und mit hohem persönlichem und auch finanziellem Engagement bis zum Ende dieser Saison geleitet hat. Ein Arbeitskreis will sich nun um die Fortsetzung des »Klassik-Sommers« bemühen. Er kann dabei jede erdenkliche Unterstützung durch das Publikum und politische Gremien gut gebrauchen. Wolfgang Kühnhold veranstaltete den »Dalheimer Sommer« 1997 zum ersten Mal und bangt nach jeder Spielzeit um dessen weitere Existenz.
Der Unsicherheitsfaktor Nr.1 ist in jedem Jahr das Wetter: Bei Regen und Kälte kommen keine Zuschauer und die Kassen bleiben leer. Dabei sind Broer und Kühnhold durchaus erfinderisch im Entdecken von Notlösungen. Da finden Konzerte nicht im Freien, sondern kurzerhand in einer Tiefgarage statt; oder ein Schafstall ersetzt den Kreuzgang-Innenhof als Theaterkulisse. Dem Publikum gefällt's, nicht zuletzt macht gerade der scheinbare Improvisationscharakter beider Festspiele deren besonderen Reiz aus - neben dem ansprechenden und künstlerisch hochwertigen Programm sowie den ungewöhnlichen Aufführungsorten.
Es wäre schade, wenn beide Kulturreihen aufgegeben werden müssten. Sie haben ihren festen Freundeskreis und gewinnen beständig neue Besucher hinzu. Rund 70 000 Gäste hat Broer seit 1998 gezählt, nach Dalheim kommen Sommer für Sommer etwa 5000 Musik- und Theaterfreunde. Die Politik sollte sich auch in Zeiten des knappen Geldes einen Ruck geben und die beiden beliebten Festspiele erhalten. Nicht zuletzt sind sie ein Imagegewinn für den gesamten Kreis Paderborn.

Artikel vom 20.08.2005