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Mönchskutten im Geschäft für Brautmode

Anne Kersting schneidert für Oper

Von Andrea Pistorius (Text)
und Wolfram Brucks (Fotos)
Paderborn (WV). Kirchenoper in Paderborn: Das Ereignis am 30. September am Abdinghof ist in mehrfacher Hinsicht eine Premiere. Für die Brautmodenspezialistin Anne Kersting bedeutet es, grobes Leinen für Mönchskutten statt der gewohnten duftigen Stoffe in Weiß unter die Nähmaschine zu legen.

»Mit dem Prototyp sind wir hochzufrieden«, strahlt die Paderborner Kauffrau und betrachtet mit ihrer Schneiderin Ursula Steffens kritisch den Fall der schlichten Robe, die ein Sänger des Landestheaters Detmold bei der Opernaufführung tragen wird. Mehr als 100 Meter Stoff hat Kersting in einem Fachgeschäft bestellt, das Gewandschneidereien in ganz Deutschland beliefert. 28 Kutten wird Ursula Steffens daraus anfertigen - nach einem Schnittmuster, das sie selbst entworfen hat.
Der Regisseur der Operninszenierung, Frank Düwel aus Heilbronn, hat den Entwurf aus dem Hause Kersting schon in Augenschein genommen und war zufrieden. Ihm war wichtig, dass die Kapuze so groß ausfällt, dass sie die Gesichter der Darsteller halb verdeckt; die Vorgabe hat Steffens mit Geschick gelöst. »Wir gehen jetzt in Produktion«, kündigt Anne Kersting an und damit hat ihre Schneiderin eine neue knifflige Aufgabe zu lösen. Denn jede Kutte benötigt einen anderen Zuschnitt. Die beteiligten Chorsänger der Detmolder Bühne sind zwischen 1.36 und 2.02 Meter groß und auch in ihrem Umfang unterschiedlich.
»Ich habe große Freude an dem Auftrag«, erzählt Ursula Steffens, »das ist mal was ganz anderes«. Die 58-Jährige ist seit vielen Jahren im Haus Kersting beschäftigt und genießt es, feine Stoffe wie Seide, Satin und Spitze nähen zu können. Für die Kutten hat sie verschiedene Gewebe an der Maschine ausprobiert und sich schließlich für ein Leinen-Baumwoll-Gemisch entschieden, »es lässt sich am einfachsten verarbeiten«.
Die Aufführung der Oper »Die Jünglinge im Feuerofen« von Benjamin Britten werden sich Anne Kersting und Ursula Steffens natürlich ansehen. Erstmals findet damit eine professionelle Musiktheater-Premiere in Paderborn statt, erstmals dient eine Kirche als Aufführungsort und auch die Kulisse aus Lichteffekten wird etwas Besonderes sein.

Artikel vom 22.08.2005