19.08.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Ein Bänker als
Fernsehkoch

Tino Schneider serviert Mediterranes

Von Reinhard Kehmeier
(Text und Foto)
Bad Oeynhausen (WB). Vor ein paar Tagen hätte sich Tino Schneider (36) noch nicht träumen lassen, dass er als Fernsehkoch vor die Kamera treten würde. Gestern war ein dreiköpfiges Team des Westdeutschen Rundfunks für vier Stunden in seinem Haus am Grünen Weg zu Gast. Der Oeynhausener stand für die Lokalzeit-Serie »Familienrezepte« am Herd.

»Kurz vor den Nachrichten«, so erzählte gestern der Mann mit der Kochschürze, hatte er sich in die Montags-Reihe des Regionalfernsehens eingeschaltet und war in dem Beitrag, der kurz vor 20 Uhr läuft, auf das Hobby Gleichgesinnter aufmerksam geworden.
Tino Schneider, gebürtiger Bad Oeynhausener, ist Bankkaufmann von Beruf. Er leitet in Bielefeld eine Commerzbank-Filiale. In der Woche gehört die Küche seiner Lebenspartnerin Susanne Backs. Doch samstags macht sich der Bänker auf, um frische Zutaten einzukaufen und die Familie zu bekochen: »Dann darf ich ran«, schmunzelt er. Wenn andere Männer gern einen Bogen um die Küchenzeile machen und höchstens mal den Deckel vom Kochtopf heben, nimmt der Oeynhausener den Kochlöffel nicht nur zum Abschmecken in die Hand. Er verwöhnt seine Gäste gern mit mediterraner Kost. So hat sein Rezeptvorschlag für ein sommerliches italienisches Gericht auf Anhieb Gefallen gefunden in der Redaktion des TV-Senders.
Die italienische Küche ist seit langem das besondere Faible von Tino Schneider. Dabei ist der Oeynhausener noch nie in Italien gewesen. »Das hat sich einfach noch nicht ergeben.« Mit seiner Partnerin und dem fast dreijährigen Sohn Kester fährt er gegenwärtig am liebsten auf die Insel Sylt. Einst war Südfrankreich das bevorzugte Urlaubsrevier, doch zwölf Stunden Fahrt wollen die Eltern auch ihrem Kind nicht zumuten.
Die Küche des Südens lernte der Bankkaufmann nicht nur in Frankreich kennen, sondern auch »beim Italiener«. So war das vor Jahren geschlossene italienische Restaurant »Grünes Tal« in Gohfeld bevorzugtes Stammlokal. Er wusste die Vielfalt der Pasta-Rezepte zu schätzen, Nudeln mit Steinpilzsoße und fritierte Sardellen. Noch heute schwärmt er von den Künsten Antonios, auch wenn er heute längst auf dessen Pfaden wandelt.
Schneiders' Hobby verlangte nach Weiterbildung, und so war der Blick in die Programme heimischer Volkshochschulen naheliegend. Beinahe drei Jahre lang schlossen sich Tino Schneider und Susanne Backs einer Interessengemeinschaft von einem Dutzend Freunden der italienischen Kost mit viel Olivenöl, Hartweizenprodukten, ausgesuchtem Fleisch und vor allem auch frischem Gemüse an. Einer Speisekarte jenseits von aufgewärmter Tiefkühl-Pizza. Einmal in der Woche kamen die Hobbyköche bei der VHS in Löhne zusammen und am Samstag für sechs bis sieben Stunden. Jedes Halbjahr verlängerten die Oeynhausener den Semester-Kochklub. Erst die Rückkehr ihres Küchenchefs Guiseppe Brunno in seine sizialinische Heimat stoppte das gemeinschaftliche Kochvergnügen.
Inzwischen konnte Tino Schneider, dem nicht nur der Vorname das italienische Faible bescherte, eine Menge anderer Liebhaber guter Küche mit seiner Passion begeistern. So auch bei der Taufe seines Sohnes Kester Schneider. Um den Gästen besondere Gaumenfreuden zu bieten, lud er kurzerhand den Löhner Kursusleiter Guiseppe Brunno zu sich nach Hause ein. An einem schönen Sommertag kochte der Sizilianer im Garten am Grünen Weg. »Bei mehr als 30 Grad hat es allen prima geschmeckt«, erinnert sich der Gastgeber an das Ereignis vor drei Jahren.
Und gestern griff der Bankkaufmann vor der Fernsehkamera zur Pfanne. Nachdem er sich zufällig in den Beitrag der TV-Reihe eingeschaltet hatte, kam er mit seiner Partnerin überein, ein »Familienrezept« anzubieten. Eine E-Mail aus Bielefeld war schon wenig später im Postfach, und dem flugs eingereichten Rezept folgte die Nachricht: »Wir kommen am Donnerstag zum Dreh.« Der Wunsch des Moderators Olaf Lübcke, ein leicht und schnell nachzukochendes Gericht zu präsentieren, fiel Tino Schneider nicht schwer. Man wird sich bald davon überzeugen können.

Artikel vom 19.08.2005