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Güterslohs ungeschminktes Gesicht

Rudolf Herrmann und Dr. Rolf Westheider präsentieren ihr Buch »Zeitsprünge«

Gütersloh (mdel). Wo heute die Post ihre Dienstleistungen anbietet, drehte sich früher alles um die Wurst. 1894 übernahmen die Gebrüder Wulfhorst die Fleischwarenfabrik an der heutigen Friedrich-Ebert-Straße. Wie sich das Gesicht Güterslohs im Laufe der Zeit verändert hat, zeigt das Buch »Zeitsprünge«, das jetzt im Sutton Verlag erschienen ist.

Autoren sind Stadtmuseumsleiter Rolf Westheider und Rudolf Herrmann vom Eickhoff-Kreis des Heimatvereins. Sie zeigen ein ungeschminktes Gesicht von Gütersloh. Die Aufnahmen handeln vom Leben und Arbeiten in der Stadt. Der Ausgangspunkt ist immer ein Industriebetrieb, die Nachnutzung in aller Regel ein Wohnhaus oder eine Wohnanlage. »Da kann man keine spektakulären Ergebnisse erwarten. Unsere Bilder von Gütersloh sind eine nüchterne Bilanz des optisch dokumentierbaren städtischen Wandels.« Zu erkennen ist dieser am Beispiel Hauptpost. Welcher Gütersloher kann sich noch daran erinnern, dass die Gebrüder Wulfhorst an dieser zentralen Stelle früher Würste produzierten? 1931 musste die Fleischwarenfabrik - bedingt durch die Weltwirtschaftskrise - ihren Betrieb einstellen. Die Gebäude wurden vermietet und im Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört. 1972 wurde dort dann das Postgebäude errichtet. Weitere Fotos in dem Buch zeigen die Standorte von Firmen wie die Metallwarenfabrik HAWEG, Schürzenfabrik Wagener & Voß, Möbelfabrik Karl Flicker, das Kettenwerk Fissenewert, von Vossen, Draht Wolf, Gehring-Bunte und natürlich von Bertelsmann.
Für Dr. Rolf Westheider sind es durchaus Bilder von einem schönen Gütersloh. »Aber nicht im ästhetischen Sinn. Wir zeigen Bilder von Arbeitsstolz und Gewerbefleiß, von Regsamkeit und Aufbauleistung. Es sind Bilder von gestern und heute, die eine spezifische Haltung spiegeln und den besonderen Gütersloher Geist bezeugen: Zweckmäßigkeit und Pragmatismus, Nützlichkeitserwägungen und Sparsamkeit als wahrnehmbare Kennzeichen einer exklusiven Prägung der protestantischen Sozial- und Wirtschaftsgeschichte«, erläutert Westheider. Gütersloh sei nie eine Diva gewesen und solle auch nicht anstreben, eine zu werden. »Schön zu sein, heißt nicht, perfekt auszusehen. Das soll kein Trost sein, sondern der Wunsch, ein neues Selbstbewusstsein zu entdecken«, so der Museumschef.
Das Buch »Zeitsprünge - Gütersloh« ist im Sutton Verlag erschienen und für 17,90 Euro in den Gütersloher Buchhandlungen erhältlich (ISBN 3-89702-833-6).

Artikel vom 18.08.2005