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Geschafft: Michael Sailstorfer (links) und sein technischer Helfer Ludwig Seibert vor dem »Hohen Besuch«.

»Hoher Besuch« gelandet

Hubschrauber-Skulptur schwebt auf dem MARTa-Parkplatz ein

Von Marina Anselm (Text) und
Jörn Hannemann (Fotos)
Herford (HK). Er fliegt. Tatsächlich, der Hubschrauber fliegt über den MARTa-Parkplatz - über die Straßenlaterne, die Bäume und vorbei an den Menschen, die zuschauen und mit ihren Handys Fotos machen. »Oh!«, raunt jemand, als sich das Heck des Helikopters in einem Ast verfängt. Dann ist die Schrecksekunde vorbei und der Großkran, an dem das russische Nachkriegsmodell hängt, setzt den pechschwarzen Hubschrauber auf dem Trafohäuschen ab. Herford hat ein neues Kunstobjekt: »Hoher Besuch«.

»Mir war schlagartig klar, dass da ein Hubschrauber hingehört«, sagt Michael Sailstorfer. Anfang dieses Jahres hat der 26-jährige Künstler aus München den Auftrag erhalten, eine Skulptur für das Trafohäuschen auf dem MARTa-Parkplatz zu erschaffen. Sailstorfer kam mit dem Zug nach Herford, besichtigte MARTa, den Parkplatz, den Kreisverkehr - und hatte seine Inspiration.
Jan Hoet, der Künstlerische Direktor von MARTa, ist glücklich damit. »Fantastisch, fantastisch«, murmelt er, lächelt still in sich hinein und geht um den russischen Helikopter herum, berührt den pechschwarzen Lack und streicht dem Hubschrauber über die Nase. »Ich wusste, Sailstorfer ist der Richtige dafür.«
Laut Sailstorfer soll der Hubschrauber aus dem Jahr 1949 eine Achse schaffen zwischen Bahnhof, MARTa, dem Parkplatz und dem Kreisverkehr. Die verspiegelten Scheiben des schwarz lackierten Helikopters vom Typ »Milmi 1« sollen eine Verbindung zu Luciano Fabros »Ball« auf dem Kreisverkehr der Goebenstraße herstellen, MARTa und der Bahnhof stehen für Orte, an denen viele Menschen ein und aus gehen, die oft von weit her kommen. Und ein Parkplatz sei ja so etwas wie ein Landeplatz. »Das ist ganz einfach«, meint Sailstorfer.
Den ganzen Mittwoch Vormittag haben Michael Sailstorfer, sein technischer Helfer Ludwig Seibert (43), drei Beschäftigte von »Pro-Aktiv« und Mitarbeiter des MARTa-Museums den zwölf Meter langen, 3,30 Meter hohen und 3 Meter breiten Helikopter auf dem Parkplatz »flugfertig« gemacht: Den Heckrotor angeschraubt, die 6,50 Meter langen Rotorblätter befestigt und schließlich einen Elektromotor eingesetzt. Zu bestimmten Zeiten sollen sich die Rotoren dann drehen und die Scheinwerfer leuchten. »Bei Öffnung und Schließung des Museums«, schlägt Sailstorfer vor.
»Natürlich hat die schwarze Farbe auch etwas Bedrohliches«, sagt Hoet. Dies könne an die Kriege, den Terrorismus erinnern. »Herford soll sich auch auseinandersetzen mit den Weltproblemen.« Die meisten Passanten fanden den Helikopter zwar interessant (»Ein toller Blickfang«, »Sehr extravagant«, »Das passt zu MARTa«). Die Interpretation nachvollziehen konnten aber nicht alle. »Dekoration ist das - keine Kunst«, meinte beispielsweise Wolfgang Just (72) aus Celle. Und Restaurator Stephan Brunnert ist sich sicher: »So ein freistehendes Objekt braucht viel Pflege.« Die Kosten für das Projekt belaufen sich nach Informationen des HERFORDER KREISBLATTES auf insgesamt   32 000 Euro.
»Die Stadt braucht das«, sagt Direktor Jan Hoet überzeugt. »Kultur hält die Leute hier, Kultur zieht die Menschen nach Herford.«

Artikel vom 18.08.2005