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Auch die steinernen Putten sind kopflos und sollen ihre Engelsköpfe zurück erhalten.

Üppige Formen erhalten neue Gesichter

Die Bildhauer Friedrich und Maria Henke gestalten Köpfe der Sphinxen nach altem Vorbild

Von Reinhard Kehmeier
(Text und Fotos)
Bad Oeynhausen (WB). Eine nicht alltägliche Arbeit erwartet den Bildhauermeister Friedrich Henke. Er wird zwei Fabelwesen aus der glorreichen Geschichte des Staatsbades zu neuem Leben erwecken. Die ihrer Köpfe beraubten steinernen Sphinxe sollen bald wieder fröhlich die Kurgäste begrüßen.

Die seit dem Kriegsende kopflosen Damen aus märchenhaften Gefilden sind vor etwa 130 Jahren aus Obernkirchner Sandstein gemeißelt worden. Sie zierten den Eingang der einstigen prächtigen Rotunde als schmuckes Entree zum Kurhaus. Die Ähnlichkeit zum Dresdner Zwinger war unverkennbar.
Nun darf man sich die vollständigen Figuren keinesfalls als Anlehnung an ägyptische Vorbilder vorstellen, wie bereits an jedem Torso unschwer zu erkennen ist.
Die üppigen barocken Formen wurden nicht durch Köpfe gekrönt, die sibyllinisch in die Ferne blicken. Es waren fröhliche, bacchantische Gesichter, die voller Lebensfreude die Gäste des Bades willkommen hießen. »Beinahe wie eine Weinkönigin«, lacht Friedrich Henke. Die steinernen Figuren strahlen die Heiterkeit des Jugendstils aus, wenn sie auch nicht dessen filigrane Formen aufweisen.
Auf dem Betriebshof Henke in Dehme hat die Firma Spellmann die tonnenschweren Steinfiguren abgeladen, wo sie demnächst eine Generalüberholung erhalten. Wie der Bildhauer feststellte, sind auch noch für zwei Putten die Engelsköpfe zu ersetzen.
Die Wiederbelebung der geschichtsträchtigen Skulpturen ist dem Business-Club Bad Oeynhausen und dem Unternehmer Peter Gruber zu verdanken. Sie stellten die Finanzierung des aufwändigen Projekts auf die Beine.
Vom Staatsbad erreichte den Bildhauer bereits vor Jahresfrist die Anfrage, ob eine entsprechende Restaurierung möglich sei. Für Friedrich Henke und seine Werkstatt ist die ungewöhnliche Aufgabe kein großes Problem, wenn es auch mit einer Menge Vorarbeit verbunden ist. Immerhin existieren noch etliche Fotos aus unterschiedlichen Blickwinkeln von den vollständigen Figuren aus der Vorkriegszeit. Von britischen Soldaten, so heißt es, sind die Sphinxe einst beschossen worden.
Die Herausforderung sei es, aus dem zweidimensionalen Bild die dritte Dimension herauszuarbeiten. »Wir müssen den Köpfen ihren Charakter wiedergeben, so wie sie einstmals ausgesehen haben«, erklärt der Steinmetz. Dabei ist auch seine Schwester Maria Henke gefragt, von Haus aus Holzbildhauerin. Beide sind in die Fußstapfen ihres Vaters Theodor Henke getreten, dem allzu früh verstorbenen Bad Oeynhausener Bildhauermeister.
Die Figuren vom einstigen Vorplatz des Kurhauses werden werden ihre neuen Häupter aus kubischen Klötzen erhalten, wie Friedrich Henke die bevorstehende Arbeit erklärt. Bevor jedoch die Arbeit in Stein beginnt, wird Maria Henke einen Tonkopf modellieren. Das ist die schwierigste Aufgabe.
Von dem tönernen Kopf wird ein Gipsabdruck gefertigt. Er dient einer so genannten Punktiermaschine als Vorlage. Das technische Gerät markiert an dem »kubischen Klotz« aus Sandstein markante Punkte. Und so wird nach und nach die Figur herausgearbeitet, nähert sich der Kopf an die Vorgaben an. »Michelangelo hat diese Technik nicht benötigt«, würdigt der Bildhauer die freihändige Arbeit der alten Meister. Friedrich Henke schätzt den Obernkirchner Sandstein sehr: »Er ist kieselsäurehaltig und wetterresistent«. Dies beweist auch der gute Erhaltungszustand der Sphinxe. Der Umgang mit diesem Material ist Henke bestens vertraut, hat er doch im Obernkirchner Werk sein Handwerk erlernt und dort auch erste Gesellenjahre verbracht, bevor er sich vor etwa 15 Jahren selbstständig machte. Für den Kölner Dom, einer Dauer-Baustelle, hat er manche Figur neu geschaffen. Die Sphinxe, von Zeitläufen und Patina gezeichnet, werden sich nach der Überholung wieder im hellen Gewand präsentieren.

Artikel vom 18.08.2005