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Der Hauch einer Profibühne ist spürbar

Autor Helmut Schmidt zu Gast auf der Kahlen Wart - »Aufführung ist besser als gut«

Oberbauerschaft (WB/wm). Dass Autoren den Bühnen, auf denn ihr Werk aufgeführt wird, einen Besuch abstatten, ist wohl eher selten. Vor diesem Hintergrund freuten sich die »Macher« der plattdeutschen Freilichtbühne »Kahle Wart« in Oberbauerschaft über die Visite von Helmut Schmidt, dessen Stück »Däi Dubbelhochtied« derzeit auf der Bühne im Wiehengebirge gespielt wird.

Jürgen Hahn, Vorsitzender des Heimatvereins Oberbauerschaft, begrüßte den Autor, von dem bereits ein anderes Stück auf der Kahlen Wart gespielt worden war. Schmidt selbst war zum ersten Mal im Wiehengebirge zu Gast - und überaus erfreut. »Wenn man spürt, dass das Publikum einen schönen, unterhaltsamen Nachmittag hatte, dann bin auch ich zufrieden. Dennoch ist es für eine Theatergruppe manchmal interessant zu erfahren, ob sie denn das Werk so umgesetzt hat, wie es sich ein Hobbyautor vorgestellt hat beim Schreiben. Bei der Freilichtbühne Kahle Wart und der Inszenierung des Dreiakters ÝDe DübbelhochtiedÜ bin ich mehr als zufrieden«, resümierte Schmidt.
Der Regisseur habe nicht nur die vorgegebenen Dialoge berücksichtigt, sondern das Rollenbuch lediglich als Anleitung verwendet und eigene Ideen geschickt eingebaut - »so, wie ich es am Schönsten finde«. Mit »wunderbaren musikalischen Einspielungen« sei das ganze Stück bei jedem Szenenwechsel untermalt worden, wobei sie passend zu den Stimmungen gezielt ausgewählt worden sei. Sogar eine kleine eigene Choreographie sei mit eingeflossen.
»Eine dramatische Szene durfte man in Zeitlupe genießen. Da kam für mich schon der Hauch einer Profibühne herüber. Alle Akteure waren textsicher und brachten ihre Rollen sympathisch herüber. Bei den ÝkomischÜ bzw. außergewöhnlich angelegten Rollen hatte man sich hier für eine Travestiekünstlerin à la Marlene Jaschke entschieden; die rachsüchtige Nachbarin wird in Form einer jungen »schwarzen« Punklady dargestellt - gut überlegt«, lobte der Autor weiter. Pyrotechnische Momente würden gekonnt gelöst; ein »dickes Lob« sprach Schmidt auch der Maske aus. Insgesamt biete eine gut aufeinander eingespielte Gruppe eine gelungene Inszenierung.
Helmut Schmidt weiter: »Das Stück ist von mir; ob es gefällt, muss jeder Zuschauer selbst entscheiden. Die Aufführung selbst war jedoch besser als gut. Und das hat mir wieder gezeigt, dass ich sicher noch weitere neue Theaterstücke schreiben möchte und gerne wieder von Ostfriesland zur Freilichtbühne Kahle Wart fahre.«
Zu der Aufführung des Schmidt-Stückes waren bei Sonnenschein, allerdings nur 14 Grad Lufttemperatur u.a. Bewohner des Seniorenzentrums Pr. Oldendorf, der Seniorenclub Holsen und der plattdeutsche Gesprächskreis Jöllenbeck auf die Kahle Wart gekommen, wo sie von Jürgen Hahn begrüßt wurden. Wegen der anhaltenden Kälte und des Regens ist der Heimatverein naturgemäß mit der Zuschauerzahl auf der Kahlen Wart nicht zufrieden. Jetzt ruhen die Hoffnungen darauf, dass zumindest an den letzten drei vollen Spielwochenenden Sommerwetter herrscht und die Besucher in Scharen ins Wiehengebirge strömen. Dennoch sei das Zuschauerergebnis von rund 8 000 aus dem vergangenen Jahr kaum noch zu erreichen.
Von Besuchern, gerade auch älteren, habe man ausschließlich Zustimmung zu der Inszenierung von »Däi Dubbelhochtied« erhalten, betonte Jürgen Hahn. Theater könne, dürfe und solle durchaus auch mal übertreiben, denn es sei nicht das normale Leben, so der Vorsitzende, der im Übrigen die Meinung von Regisseur Jürgen Wiemer teilt: »Theater darf alles, nur nicht langweilig sein!«

Artikel vom 12.08.2005