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Hochdeutsch lernen in Pr. Ströhen

Amerikanischer Germanistik-Professor für zwei Monate zu Gast in der Region

Von Victor Fritzen
Pr. Ströhen (WB). Wenn Chad Wellmon mit seinen Mitmenschen spricht, dann hört es sich so an, als hätte er nie eine andere Sprache gesprochen als die deutsche. Er stammt allerdings aus San Francisco und ist lediglich für zwei Monate in Deutschland zu Gast, genauer gesagt im Kreis Minden-Lübbecke.

Zusammen mit seiner Frau Brooks und seinem 18 Monate alten Sohn Vann hat der promovierte Germanistik-Professor, der fließend und fast akzentfrei deutsch spricht, die Ferienwohnung im »Hasslinger Hof« in Pr. Ströhen gemietet, wo sie bis Mitte Oktober wohnen werden.
Hintergrund seines »Ausfluges« nach Deutschland ist das Austauschprogramm »Experiment in International Living« des Davidson-Colleges in North Carolina. Seit mehreren Jahrzehnten kommen im Schnitt zehn Studenten nach Deutschland, um das Leben und insbesondere natürlich die Sprache zu erlernen. Zu dem einjährigen Programm zählt unter anderem auch ein Aufenthalt aller Studenten im Kreis Minden-Lübbecke. Einen Monat wohnen die »Students of German Language« in Gastfamilien und lernen die hochdeutsche Sprache kennen, ehe sie für den Rest ihres Deutschland-Aufenthaltes nach Würzburg ziehen. An der dortigen Universität wird auch Chad Wellmon als Professor tätig sein.
Familie Wellmon ist bereits das zweite Jahr in der schönen Ferienwohnung an der Landesgrenze untergebracht. »Für uns ist es wie Urlaub, da uns die freie Natur viele Möglichkeiten bietet«, sagt Chad Wellmon. »Wir fahren viel mit dem Rad und nehmen in vollen Zügen das Moor und die unberührte Natur wahr«, so Wellmon. Er schätzt es zudem, dass sein Kind auf dem Land aufwächst. »Vann kann sich in einem großen Garten frei bewegen und mit den Tieren in Kontakt kommen. Das fördert seine Entwicklung sehr«, zeigen sich die Wellmons begeistert. In den USA leben sie in North Carolina, einer Stadt mit immerhin 900 000 Einwohnern.
Die Aufgaben des Professors während seines Aufenthaltes in Pr. Ströhen bestehen in der Organisation von mehreren Ausflügen und einer Unterrichtsstunde einmal in der Woche. Und hier lernen die angehenden Germanisten das deutsche Leben in all ihren Zügen kennen. »Meine Schüler sind überrascht, wie eng doch die Deutschen beieinander wohnen. In Amerika müssen wir manchmal sehr weit reisen, um unsere Familien zu sehen«, erklärt Chad Wellmon. In einer seiner ersten Unterrichtsstunden, die im alten Amtsgericht Lübbecke stattfinden, erklärte er seinen Schülern die Konzepte der einzelnen großen bundesdeutschen Parteien kurz vor der Wahl. Zudem bekamen die acht Schüler die Aufgabe, jeden Tag die »Tagesschau« und am Wochenende die »Sportschau« zu verfolgen.
Auf Dauer möchten die Wellmons nicht in Deutschland bleiben. »Wir hatten beziehungsweise haben auch weiterhin eine schöne Zeit in Deutschland, doch unsere Wurzeln sind in den Staaten«, sagt Chad Wellmon. Seine Frau Brooks ist derzeit zum zweiten Mal schwanger. Noch im November soll ein weiteres Kind das Licht der Welt erblicken, dann allerdings in Würzburg, wo im Oktober das Wintersemester beginnt.

Artikel vom 11.08.2005