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Christie's klopfte bei Jäger an

Porsche Baujahr 1963 wurde bei Paderborner Unternehmer restauriert

Von Rüdiger Kache (Text und Fotos)
Paderborn (WV). Er ist das Sinnbild für die Wirtschaftswunderzeit schlechthin, ein Stück Lebensgefühl von damals und ein echter »Hingucker«. Wer Anfang der 60-er Jahre einen Porsche fuhr, konnte sich vieler neidvoller Blicke sicher sein. Einen Porsche 356 B Cabriolet, Baujahr 1963 mit Reutter-Karosserie, hat jetzt das Paderborner Unternehmen Jäger Automobildesign von Grund auf restauriert: so perfekt, dass selbst das berühmte Auktionshaus Christie's auf dieses Schmuckstück aufmerksam wurde.

Rüdiger Jäger (49) und sein Team haben in den Werkstätten für historische und neuzeitliche Fahrzeuge an der Randebrockstraße aus dem mittlerweile auch optisch etwas in die Jahre gekommenen Flitzer ein historisches Kleinod geschaffen, das einen Ehrenplatz im Porsche-Werksmuseum verdient hätte. Und es ist weltweit ein Unikat mit seiner Straßenzulassung als Renn- und Rallyefahrzeug. Das rief das Interesse des Londoner Auktionshauses Christie's hervor, das diesen Wagen zu gerne meistbietend unter den Hammer gebracht hätte. Doch ein erfolgreicher Immobilienmakler und Oldtimer-Fan aus dem Rhein-Main-Gebiet war schneller und kaufte den silbernen Porsche mit dem schwarzen Cabrio-Verdeck und dem äußerst seltenen separaten Coupé-Dach vom Fleck weg, um ihn bei historischen Rennen einzusetzen.
Einige tausend Arbeitsstunden waren vonnöten, um den 2001 am Nürburgring erworbenen 356-er (1600 S) mit Erstzulassung in Schweden zum Top-Fahrzeug zu machen. »Wir haben einfach alles zerlegt, geprüft, überarbeitet, erneuert und wieder millimetergenau angepasst«, beschreibt Rüdiger Jäger den Werdegang des Boliden, der in diesem exzellenten Zustand leicht den Gegenwert eines nagelneuen Porsche Turbo erreicht. Alles Originalteile, versteht sich, dazu eine »Motorkur«, die das Schmuckstück auch heute noch konkurrenzfähig macht. Kein Chromteil, keine Dichtung, die nicht ersetzt wurde. Einziges Attribut an die »Neuzeit«: Die Lichtmaschine werkelt nun im 12-Volt-Betrieb und Halogenscheinwerfer sorgen für den besseren Durchblick im Renntempo. Selbst die Leder-Innenausstattung in sattem Rot wurde neu zugeschnitten und vernäht - ein starker Kontrast zur Original-Porsche-Farbe Silber, die anstelle des ursprünglichen »Baliblau« aufgespritzt wurde.
Aus ehedem 75 Pferdestärken wurden durch intensives Tuning bis zu 130 PS, und mit seinen zwei zur Auswahl stehenden Getrieben sind Einsätze bei Bergrennen ebenso möglich, wie bei Langstreckenrennen.
»Manchmal muss man auch Glück haben, um an rare Ersatzteile zu kommen«, weiß Jäger aus Erfahrung. »Wir suchten für den Porsche eine Sebring-Auspuffanlage - auf dem Oldtimer-Markt in Bestzustand kaum zu bekommen. Ein heute 70-jähriger Mann aus Süddeutschland, der den Sportauspuff mit dem kernigen Sound 1962 an seinen eigenen Porsche geschraubt und nach ständigem Ärger mit lärmgeplagten Nachbarn wenige Wochen später wieder abmontiert hatte, konnte helfen. Er hatte den Auspuff seit 42 Jahren im Keller stehen, makellos - und nicht ganz billig. Doch über Preise schweigt man sich aus.
Mehr als ein Dutzend Porsche hat Jäger schon restauriert. »Doch dieser ist sicher der schönste und seltenste«, ist er sich sicher. Deshalb ist er glücklich darüber, dass der »356-er« trotz seines neuen Frankfurter Besitzers doch ein Paderborner bleibt: Das Jäger-Team wird den Wagen vor Renneinsätzen und zur Wartung weiterhin betreuen.

Artikel vom 24.08.2005