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Union will Schröders negative
Bilanz in den Mittelpunkt stellen

Strategietreffen mit Merkel und Stoiber - Umfragetrend stoppen

Berlin (dpa). Mit einer aggressiveren Wahlstrategie gegen Rot-Grün und Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) will die Union in der heißen Wahlkampfphase den zuletzt negativen Umfragetrend stoppen.

Nach einem ersten Strategietreffen der Spitzen der Union im Wahlkampf gestern in Berlin gaben CDU und CSU als Ziel bei der voraussichtlichen Bundestagswahl am 18. September 45 Prozent der Stimmen und damit 6,5 Punkte mehr als 2002 an. Dem Wahlteam von Kanzlerkandidatin Angela Merkel (CDU) wird nach Angaben von CSU-Chef Edmund Stoiber in jedem Fall auch der frühere CDU-Vorsitzende Wolfgang Schäuble angehören.
Die Generalsekretäre Volker Kauder (CDU) und Markus Söder (CSU) sprachen von einer »Schicksalswahl« und »Richtungsentscheidung«. Sie verwiesen auch auf Überlegungen von SPD-Politikern in Hinblick auf langfristige Bündnisse mit der Linkspartei, der ehemaligen PDS. In der Union war zuvor erste Unzufriedenheit mit dem Verlauf des Wahlkampfs laut geworden.
Mit Blick auf den Bundeskanzler meinte Kauder, die SPD plane die Zukunft bereits ohne Schröder. Es sei aber auch nicht akzeptabel, dass Schröder sich auf Abschiedstour begebe und nur noch »eigene Denkmalpflege macht«. Söder griff den Kanzler mit den Worten an: »Er lügt sich im Moment durchs Land und durch die Fernsehstationen.«
Bereits vor dem Treffen hatten Merkel und Stoiber angekündigt, nun wieder stärker als bisher Rot-Grün zu attackieren. Merkel sagte, die Bilanz der Regierung dürfe »nicht in Vergessenheit geraten«.
Stoiber sagte, die Union müsse noch mehr in die Offensive gehen. Vor allen Dingen müsse sie auf die negative Bilanz der Bundesregierung noch deutlicher hinweisen. »Der Bundeskanzler scheint ja ein bisschen auch die Bilanz nicht mehr ganz zur Kenntnis zu nehmen, dass er verantwortlich ist für die anwachsenden Schulen, dass er verantwortlich ist für die außerordentlich hohe Arbeitslosigkeit in diesem Land im Verhältnis zu anderen Ländern.
Trotz der jüngsten Umfragewerte gab Söder das Wahlziel mit 45 Prozent an, wobei er später einschränkte, die Union habe ein Potenzial von »42 Prozent plus x«. Ähnlich hatte sich zuvor auch Stoiber in einem »Stern«-Interview geäußert: »Unser Potenzial für diese Wahl liegt deutlich über 40 Prozent, bei 42 bis 45 Prozent.« Seine Kanzlerkandidatur 2002 sei ein erheblicher Beitrag gewesen, dass Angela Merkel nun die Wahl gewinnen könne.
Mit Stoiber hatte die Union vor drei Jahren 38,5 Prozent geholt, genauso viel wie damals die SPD. Nach den Worten von Kauder will die Union diesmal auch im Osten stärkste Kraft werden. In Umfragen liegt sie dort hinter der Linkspartei.
Nach Ansicht von SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter wird Merkel durch die Vorgabe in die Ecke getrieben, weil dieses Wahlziel unrealistisch sei. »Man merkt: Der Machtkampf in der Union hat begonnen«, sagte Benneter.
Der jüngste Umfragetrend wurde nun auch durch die wöchentliche Forsa-Umfrage des Magazins »Stern« und des Fernsehsenders RTL bestätigt. Danach fielen CDU und CSU im Vergleich zur Vorwoche um drei Punkte auf 42 Prozent. Die SPD stieg um zwei Punkte auf 28 Prozent. FDP und Grüne liegen unverändert bei sieben Prozent. Die Linkspartei kommt weiter auf zwölf Prozent.
Stoiber geriet gestern nach einer Bemerkung über Ostdeutschland in der Kritik. Stoiber hatte am Donnerstag vergangener Woche in Argenbühl in Baden-Württemberg gesagt: »Ich akzeptiere nicht, dass erneut der Osten bestimmt, wer in Deutschland Kanzler wird. Es darf nicht sein, dass die Frustrierten über das Schicksal Deutschlands bestimmen.« Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Harald Ringstorff (SPD): »Herr Stoiber war noch nie ein Freund des Ostens.« Er habe offenbar »ein Problem mit dem freien Wahlrecht für Ostdeutsche«. Die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Katrin Göring-Eckardt: »Wir sind ein Land und weder bestimmen die Ostdeutschen oder die Bayern die Politik, sondern das geht nur gemeinsam.«
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Artikel vom 11.08.2005