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Die Vorsitzende des Bad Wünnenberger Heimatvereins Ilse Klinke (l.) führt den alten Karrenpflug. Sie wird maschinell unterstützt von Ihren Ehemann Ulrich Klinke auf eine alten Hanomag und dem Kassierer der Historischen Landtechniker Heinz Hüser.

Altes Gerät entzückt Gäste

Landwirtschaftlicher Aktionstag

Bad Wünnenberg (bw). »Stellt doch mal endlich den Gießbert ab«, rief Gerätewart Georg Täuber von der Historischen Landtechnik beim großen Aktiontag im Bad Wünnenberger Oberfeld Besuchern und Vereinskollegen zu. Denn die ursprünglich vorgesehene Erntearbeit konnte wegen der anhaltenden Nässe und zahlreicher Regengüsse nicht gezeigt werden.

Doch die Aatal-Landtechniker zeigten Kreativität. Wenn man eben nicht ernten konnte, so wurden den in warme Jacken einghüllten Besuchern bei kräftiger Brise viele Bodenbearbeitungstechniken mit historischen Fahrzeugen und Mechanik vorgeführt. Die Landtechniker brannten darauf, mit ihren und vereinseigenen historischen Fahrzeugen der Marken Fendt, Hanomag und Allgaier aus Konstanz den Besuchern die beschwerliche Arbeit vom Pflügen bis zum Säen zu zeigen.
Selbst ein historisches Vielfachgerät des Baujahres 1953, mit dem der Boden vom Hacken bis hin zum Kartoffeln legen und anschließendem »Häufeln« bearbeitet wurde, konnte den interessierten Zuschauern beim gezeigt werden.
Ein alter Hanomag (Baujahr 1953) sorgte für gewaltige Motorengeräusche und Rauchentwicklung und im Oberfeld gleichzeitig für ein eigenes Ambiente. Er wurde in seiner aktiven Zeit als Schneeräumgerät auf einem Militärflughafen eingesetzt.
Über geschenkte landwirtschaftliche Geräte freuen sich Vorsitzender Reinhard Wecker und seine Vereinskollegen ganz besonders. Liebevoll werden die historischen Landmaschinen aufgearbeitet und bei Aktionstagen zum Einsatz gebracht. So konnten sie einen alten Pflug der Familie Loer (Schreiners) zeigen.
Natürlich hatte auch so mancher historischer Landtechniker selbst die Möglichkeit, sich in die Lage der Bad Wünnenberger Familien und deren Landarbeit hinein zu versetzten, denn so einfach wie es aussieht, ist auch die Bodenbearbeitung nicht. Viel Übung ist dabei nötig. So mancher »alter Hase«, der bereits mit fünf Jahren den Trecker auf dem hauseigen Feld bei der Rübenente fahren durfte, stand mit geballter Erfahrung und Wissen zur Verfügung.
Immer wieder spielte das Wetter die Hauptrolle in der Landwirtschaft. Internetanschluss und Sattelitenwetterauskunft gab es in den 50er Jahren noch nicht. So richtete man den Blick aufs Barometer oder hörte die Wetteransage aus dem Radio. Bei den dazugehörigen Ernteeinsätzen konnte auf etwaige Terminkalender keine Rücksicht genommen werden.
Auch die Verpflegung im Feld musste von den einzelnen Familien organisiert werden. So kochte die Bäuerin mal einen deftigen Wirsingeintopf und die Kinderschar transportierte das Gericht dann ins Feld. Für die Kinder war das beschwerlich, denn die Töpfe waren schwer und der Weg zum Feld lang. Oder es wurde ein Stück hauseigener Schinken oder Mettwürste mitgenommen, die dazugehörige Butter wurde in ein Rhabarberblatt eingewickelt und auch das Brot fand noch Platz im Verpflegungskörbchen. Die letztere Feldverpflegung wurde nach Aussage der Landtechniker am liebsten angenommen.
Auch ein alter Karrenpflug kam auf dem Feld der Familie Scharfen noch zum Einsatz. Hier wurden Kühe oder Pferde angespannt und vom Landwird auf dem Feld geführt, während oft die Bäuerin den Pflug in der Furche führen musste.
Kleine Hilfsmittel waren auch in der Feldarbeit ein unbedingtes »Muss«. So legte Landtechniker Heinz Hüser die Rohrzange nicht aus der Hand, denn immer wieder mussten die historischen Landwirtschaftsgeräte »nachbearbeitet« werden, um im Feldeinsatz optimale Leistungen zu bringen. Bei der Neuanschaffung eines Pfluges, so Heinz Hüser, wurde zu jeden Pflug ein Pflugschlüssel mitgeliefert, mit dem der Landwirt alle anfallenden Arbeiten am eigenen Pflug erledigen konnten.
Ilse Klinke als Vorsitzende des Bad Wünnenberger Heimatvereins ließ es sich am Aktionstag nicht nehmen, selbst Hand anzulegen. Ehemann Ulrich Klinke spannte den alten Karrenpflug hinter seinen Hanomag und mit der Unterstützung von Heinz Hüser führte Ilse Klinke, so wie es früher üblich war, den Karrenpflug mit viel Krafteinsatz über den Acker.

Artikel vom 10.08.2005