06.08.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Landwirtschaft ist zurückhaltend

Projekt Biogasanlage im ehemaligen Tanklager Pr. Oldendorf vorgestellt

Pr. Oldendorf (wm). Ob auf einem Teil des ehemaligen Bundeswehr-Tanklagers bei Pr. Oldendorf in absehbarer Zeit tatsächlich eine Biogasanlage gebaut wird, steht nach der ersten öffentlichen Diskussion des Projektes am Donnerstagabend durchaus noch nicht fest. Die Tatsache aber, dass mehr als 150 Landwirte und interessierte Bürger aus verschiedenen Bereichen des öffentlichen Lebens einer Einladung des landwirtschaftlichen Kreisverbandes zu einem Informationsabend in das Hotel Deeke gefolgt waren, machte Bedeutung und Brisanz des Themas durchaus deutlich.

Verbandsvorsitzender Karl-Heinz Becker betonte in seiner Begrüßung, dass Energiegewinnung aus Biogas kein Thema sei, über das kurzfristig entschieden werden könne. Damit war klar, dass an diesem Abend keine Ja oder Nein zu erwarten war. Becker dankte auch der Pr. Oldendorfer CDU-Ratsfraktion dafür, dass dieses Thema nach nichtöffentlicher Beratung in einem Ratsgremium nun auch schnell öffentlich diskutiert werden könne. Mit einer Biogasanlage seien zahlreiche Fragen verbunden, die zuvor intensiv zu diskutieren und zu klären seien. Zwar produziere sie stetig - und damit verlässlich - Energie. Doch müsse die umliegende Landwirtschaft im Hinblick auf die eigenen ökologischen Wünsche und Ansprüche sagen, ob sie auch dauerhaft die benötigten Rohstoffe liefern könne oder wolle -Êmit allen Konsequenzen für den Boden, der bekanntlich nicht vermehrbar ist - und deshalb auch nicht rücksichtslos ausgebeutet werden dürfe.
Marcus Biermann, Projektentwickler Biogas bei der Agravis AG, stellte die von dem Lintorfer Landwirt Karl Heinrich Lömker vorgesehene Anlage vor. Entstehen soll sie auf einem westlichen Teilstück des ehemaligen Tanklagers. Er betonte, dass dafür eine Ausweisung als Sondergebiet oder Gewerbe-/Industriegebiet erforderlich sei; diese Ausweisung liege noch nicht vor. Umgesetzt werden solle das Projekt nur in Zusammenarbeit mit Rat, Verwaltung und Landwirtschaft. Die Leistung soll bei einem Megawatt elektrischer Energie liegen. Dafür benötige man eine Fläche von rund 400 Hektar, wenn sie nur mit Mais »gefahren« werden sollte. Werde Getreide als nachwachsender Rohstoff eingesetzt, brauche man etwa die dreifache Hektarfläche.
Ein Problem stelle derzeit noch die Verwendung des entstehenden Gärsubstrates dar. Biermann zeigte sich aber zuversichtlich, dass dies technisch zügig gelöst werden könne; Versuche, dieses Material in feste Form zu bringen, um es dann in den wirtschaftlich verwenden zu können, liefen auf Hochtouren.
Landwirt Karl Heinrich Lömker, der das Grundstück, auf dem die Anlage entstehen könnte, bereits gekauft hat, betonte, dass sich die Landwirtschaft neuer Technik nicht verschließen könne. Eine Anlage in der vorgesehenen Größe verhindere viele kleine auf vielen Höfen, was sich wegen der dann erforderlichen Anbaufläche für den Rohstoff preistreibend bei Pachten auswirken könne.
In der Diskussion schloss Biermann aus, dass auch tierische Abfälle verarbeitet werden. Die wirtschaftliche Grenze für Anbau und Transport der pflanzlichen Rohstoffe liege bei 20 Kilometern. Geruchsentwicklung werde durch »Einhausung« des Anlieferungs- und Abholungsbereiches verhindert. Benötigt würden bis zu 18 000 Tonnen Maissilage pro Jahr, was natürlich auch entsprechende Fahrzeugbewegungen verursache.
Die Stimmung in der Zuhörerschaft bewegte sich weitgehend zwischen kritisch und skeptisch. Insbesondere die Frage der Verwendung des entstehenden Gärstoffsubstrates, das von den Pflanzenlieferanten wieder abgenommen werden müsste, sorgte für spürbare Zurückhaltung. In den landwirtschaften Ortsvereinen wird jetzt über das Thema diskutiert; in etwa drei Wochen will der Kreisverband dann die Pr. Oldendorfer Verwaltung über seine Meinung zu dem Vorhaben informieren.

Artikel vom 06.08.2005