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Zugang zu literarischen Fundgruben weit geöffnet

Hermann-Josef Schmalor erforscht Klosterbibliotheken

Von Klaus Zacharias
Paderborn (WV). Wenn man nach Informationen zu Bibliotheken westfälischer Klöster und Stifte im Mittelalter oder der frühen Neuzeit sucht, kommt man an dem Namen des stellvertretenden Direktors der Erzbischöflichen Akademischen Bibliothek Paderborn nicht vorbei: Hermann-Josef Schmalor beschäftigt sich seit vielen Jahren wissenschaftlich mit diesem Metier.

Von diesem Engagement legt eine ganze Reihe von Veröffentlichungen in Ausstellungskatalogen oder Begleitbüchern, in Anthologien oder Einzelpublikationen ein deutliches Zeugnis ab. So wundert es auch nicht, dass Schmalor dieses Thema zum Gegenstand seiner Dissertation gemacht hat, die er im Jahre 2003 bei dem bekannten Paderborner Bistumshistoriker Prof. Dr. Karl Hengst angefertigt hat.
Der Bonifatius-Verlag hat jetzt diese Dissertation in Buchform vorgelegt. Um eine noch größere Verbreitung zu erreichen, haben sowohl die Historische Kommission von Westfalen als auch das Projekt »Geschichte der Mitteldeutschen Kirchenprovinz« das Buch in ihre wissenschaftlichen Reihen aufgenommen.
Schaut man in das Inhaltsverzeichnis der Arbeit, so erkennt man schnell die Breite der Anlage der Dissertation, die praktisch kein Teilgebiet der Bibliotheksgeschichte von Klöstern und Stiften auslässt. In insgesamt acht Großkapiteln hat Schmalor diesen Bereich aufgearbeitet. Er beginnt mit historischen, geografischen und institutionellen Abgrenzungen westfälischer Klöster, beschreibt den aktuellen Forschungsstand und die Quellenlage, um dann die Struktur dieser Bibliotheken zu erläutern. Man erfährt viel über den Aufbau, die Verwaltung und Nutzung der Klosterbibliotheken, um dann vor allem den mittelalterlichen Bibliotheksbetrieb mit seinen Skriptorien und Bindereien kennenzulernen. Aber auch der wissenschaftliche Zugang zu diesen Bibliotheken über Kataloge und Verzeichnisse wird erläutert.
Den größten Teil des Buches nehmen dann Einzeldarstellungen der westfälischen Stifts- und Klosterbibliotheken ein. Dieser Teil beginnt mit den Domstiften in Münster, Paderborn und Minden, um dann die Bibliotheken der Benediktiner, der Zisterzienser und Prämonstratenser vorzustellen. Schmalor verfolgt diese Linie durch das Hohe Mittelalter (Bettelorden der Franziskaner, Dominikaner und Augustiner-Eremiten) bis in die frühe Neuzeit, wo dann die Jesuiten- und Kapuzinerbibliotheken einen weiteren Schwerpunkt bilden.
Wenn man bedenkt, welch große bibliothekarische und wissenschaftliche Leistung hinter diesen Stätten des Geistes stand, sind die Verluste der Bibliotheken in der Säkularisation zu Beginn des 19. Jahrhunderts um so bedauerlicher. Zur weiteren Vernichtung hat dann der Zweite Weltkrieg beigetragen. Um so wichtiger ist es, dass Schmalor das Wissen zu einem kulturgeschichtlich äußerst wichtigen Bereich jetzt zusammenfassend zugänglich gemacht hat. Zugleich hat er eine bestehende Forschungslücke geschlossen. Beigegeben ist dem Buch eine Karte zu den westfälischen Klöstern und Stiften um 1750 mit nachweisbaren Buchbeständen.
Hermann-Josef Schmalor: Die westfälischen Stifts- und Klosterbibliotheken bis zur Säkularisation - Ergebnisse einer Spurensuche hinsichtlich ihrer Bestände und inhaltlichen Ausrichtung, Bonifatius-Verlag Paderborn, 360 S., geb. mit Schutzumschlag, 34,80 Euro.

Artikel vom 13.08.2005