08.08.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Konkurrenz für
Nachtigallen

Blick in Künstlerateliers - Folge 1

Von Wilfried Mattner
Lashorst (WB). Spätestens seit den Landart-Festivals weiß man auch weit über die Städte und Gemeinden des Kreises Minden-Lübbecke hinaus, was »das Land« zu bieten hat. Und wie bemerkenswert das Kunstschaffen in Pr. Oldendorf ist, wird einmal mehr deutlich werden bei der Radtour, die der Verein Stadtmarketing bekanntlich am 28. August anbietet. Ziel sind vier Ateliers, die die LÜBBECKER KREISZEITUNG in lockerer Folge vorstellt. Den Auftakt bildet ein Besuch in der Töpferwerkstatt von Udo Neikes und seiner Frau Britta Brinkmann.

Arbeit mit Ton faszinierte Udo Neikes schon in jungen Jahren. Im Jugendzentrum seiner Heimatstadt Mülheim an der Ruhr beschäftigte er sich -Êund andere - mit diesem Material. Und das ist bis heute so geblieben. Seit 15 Jahren lebt er auf einem bäuerlichen Anwesen, das als ehemalige Hufschmiede unter dem Namen »Tannenschmiede« bekannt war. Vor vier Jahren eröffnete er einen Laden mit Ausstellungsraum für Keramiken. Doch wird er noch für andere kulturelle Zwecke genutzt. So unterrichtet der heute 42-Jährige zwölf Saxophon-Schüler, und seine Frau Britta bietet orientalische Tanzkurse an. Sie tritt mit der eigenen Tanzgruppe »Kadisha« auf und ist in Sachen Tanz auch als VHS-Dozentin tätig.
Die Verwandlung des weichen Stoffes Ton durch Feuer in ein hartes Endprodukt reizt Udo Neikes bis heute. 1982 baute er selbst seine Töpferscheibe und gewann Erfahrung durch die Mitarbeit in der Gruppe »Kramerzunft und Kurzweyl«, die auf Märkten mittelalterliches Leben präsentiert. Denn auf solchen Märkten war - und ist -Êer mit seinem Feuer betriebenen Ofen präsent, brennt bei 1250 Grad Gebrauchskeramiken in historischen Formen und Mustern. Neu in seinem Programm sind Mosaiken und Baukeramik in unterschiedlichen Größen und vielen Farben sowie farbige Säulen, die als Gartenobjekte oder Bauteile die Blicke auf sich ziehen. Als Spezialität hat Udo Neikes farbenfrohe Glasuren für Baukeramiken entwickelt, »die in Richtung Hundertwasser tendieren«. Wetterfest sind auch seine Gartenskulpturen, wobei entscheidend ist, dass Ton und Glasuren so aufeinander abgestimmt sind, dass sie Wind und Wetter trotzen.
Verstärkt beschäftigt sich der vielseitige Künstler seit zwei Jahren mit Betonskulpturen, die er aus seiner Arbeit mit Ton entwickelt hat. »Bei diesem Material ist die richtige Mischung von Zement, Sand und Wasser entscheidend. Denn der Beton darf nicht zu weich oder zu hart sein, will man eine Idee verwirklichen. Die Kunst ist es, genau den Moment zwischen schon arbeiten können und noch zusammenstürzen zu treffen«, so der Autodidakt, den noch immer Aufregung packt, wenn die Mischmaschine läuft, der Beton fertig ist und die Arbeit beginnt. Meist stellt Udo Neikes zuvor ein kleines Modell her, das er dann im Original vergrößert. Mittlerweile verfügt er bereits über einige 100 solcher Modelle. Doch geht er manchmal einen ganz anderen Weg: So goss er auch schon einen ganzen Betonblock und schnitt nach etwa vier Stunden die Formen mit einem Messer heraus. Er hatte sich lange Zeit nicht vorstellen können, überhaupt mit Beton zu arbeiten, einem Material, das verpönt war, Dann aber entdeckte er, dass der Umgang damit neue Dimensionen eröffnet und er die Ausdruckskraft selbst in der Hand hat.
Seine Frau Britta steht ihm mit künstlerischem Rat zur Seite und sorgt komplett für die farbliche Gestaltung seiner Betonarbeiten. Einige davon sind bereits in einem Skulpturenwald zu sehen: Udo Neikes ist dabei, ein Stück Wald als Erlebnis- und Ausstellungsfläche zu gestalten. Er wird für jedermann offen sein; derzeit wird an den Wegen und der Beleuchtung gearbeitet. Zum nächsten Landart-Festival in 2006 wird man den Skulpturenwald bewundern können. Eine weitere Neikes-Idee ist, die Skulpturen in Aktionskunst mit Musik und Schauspiel einzubinden.
Vogelpfeifen aus den Händen von Udo Neikes haben mittlerweile ihren Siegeszug in vielen Ländern angetreten. Die kleinen bunten Pfeifen werden mit Wasser gefüllt und geben je nachdem, wie man hinein bläst, viele Töne her: »Kindern erzähle ich, dass man sich mit einer solchen Pfeife mit Vögeln unterhalten kann. Sie sind begeistert, und auch Erwachsene sind glücklich, wenn sie Töne aus der Pfeife hervor zaubern.«

Artikel vom 08.08.2005