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»Zwergenschule« mit drei Lehrern

Nach den Ferien werden in neuer Einrichtung am Torfweg fünf Kinder eingeschult

Von Meike Oblau
Rietberg (WB). Simeon Hacker freut sich auf das Ende der Sommerferien. Dann nämlich wird der 36-Jährige seinen Posten als Schulleiter der neuen Förderschule für emotionale und soziale Entwicklung am Rietberger Torfweg antreten. Zu Beginn wird er eine »Zwergenschule« leiten: fünf Kinder werden die Einrichtung zunächst besuchen.

Zusammen mit seinen beiden Kollegen Stefanie Liesen und Hans-Josef Wessling ist Hacker gespannt auf seine neue Aufgabe an der noch namenlosen Schule. Schon jetzt gilt es, einiges vorzubereiten in den neuen Räumlichkeiten in der Emsstadt, in der eine Größenordnung von vier Schulklassen und 44 Kindern der Klassen eins bis vier vorgesehen ist. Eingeschult werden nach den Ferien zunächst fünf Schüler. »Das werden aber ziemlich bald mehr werden«, ist sich der Direktor sicher. »Unsere Schule werden beispielsweise Kinder besuchen, die Schwierigkeiten haben, soziale Kontakte zu knüpfen, die Probleme haben, ihr Gefühlsleben auszuhalten, ihren Ängsten zu begegnen. Angst beispielsweise kann Rückzug bedeuten, kann aber auch aggressives Potenzial bedeuten. Unser Ziel an dieser Schule ist es, dass unsere Schüler nach der vierten Klasse eine Regelschule besuchen können«, schildert Simeon Hacker.
Hat ein Kind im Kindergarten oder auf der Grundschule Schwierigkeiten, sich zurecht zu finden oder einzugliedern, beauftragt das Schulamt die Förderschule, ein Gutachten über das Kind zu erstellen. »Die Kollegen sind dafür speziell ausgebildet und testen die Kinder zum Beispiel auf Intelligenz und Konzentrationsfähigkeit, hinterfragen Gründe für Anstrengungsvermeidungen, Ängste, Frustration oder agressives Verhalten«, erläutert Hacker. Dabei arbeiten die Lehrer eng mit Psychologen und Ämtern zusammen. Nicht automatisch bedeutet eine Untersuchung allerdings, dass der Schüler von der Grund- auf die Förderschule wechselt. »Etliche Kinder werden wir auch vor Ort in ihrer Grundschule gezielt fördern«, berichtet er, dass er und seine Kollegen sozusagen auch im »Außendienst« im Einsatz sein werden.
Wenn am 22. und 23. August die fünf ersten Schüler im fliederfarbenen Schultrakt am Torfweg eingeschult werden, beginnt nicht nur für die Schüler ein ganz neuer Lebensabschnitt, auch die Lehrer sind aufgeregt. »Es ist toll, so eine Schule hier ganz neu aufbauen zu dürfen unter solch traumhaften Bedingungen, wie ich sie hier vorfinde. Das ist die Verwirklichung meines beruflichen Lebenstraums«, freut sich Simeon Hacker. Schon jetzt, in der Vorbereitungszeit in den Ferien, habe er viel Spaß mit seinem »Mini-Kollegium«, mit der Sekretärin und dem Hausmeister. Auch mit der benachbarten Schule für geistig Behinderte sind erste Anknüpfungspunkte für eine Zusammenarbeit bereits vereinbart.
An der Förderschule für emotionale und soziale Entwicklung wird entsprechend der üblichen Richtlinien für Grundschulen unterrichtet. »Ein Stückweit haben wir eigene Möglichkeiten der Gestaltung, ich denke, hier werden sich musisch-kreative und bewegungsorientierte Schwerpunkte herauskristallisieren«, glaubt Hacker. Am allerwichtigsten sei ohnehin die kontinuierliche Beziehungsarbeit mit den Kindern: »Sie müssen Vertrauen zu uns Lehrern aufbauen, aber auch zu ihren Mitschülern.« Der Untericht werde an seiner Schule generell mit einer Spielzeit beginnen. »Die Schüler sollen erstmal hier ankommen, warm werden, bevor wir in den normalen Unterricht gehen«, schildert er. Anschließend stehen Mathe, Deutsch und Sachkunde auf dem Stundenplan, nach der Pause in einem zweiten Block dann Fächer wie Religion, Kunst, Sport und auch Kochen und Werken. »Lernen mit Herz, Hand und Verstand ist das Motto«, sagt Simeon Hacker.
Der 36-jährige Sonderschullehrer kommt gebürtig aus Hamburg, hat in Dortmund studiert und zuletzt an der Herforder Albert-Schweitzer-Schule unterrichtet. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in Bielefeld.

Artikel vom 04.08.2005