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Drogen im Körper
über Grenze geholt

Spätaussiedler-Bande seit gestern vor Gericht

Von Uwe Koch
Herford (HK). Eine Bande von Spätaussiedlern aus Kasachstan und Russland soll über Monate hinweg Drogenabhängige in Bad Oeynhausen mit Rauschgift versorgt haben. Drei der Männer aus der Kurstadt und aus Herford stehen seit Mittwoch vor dem Bielefelder Landgericht. Die Vorwürfe räumten die Angeklagten weitgehend ein, in Form einer Bande wollen sie indes nicht gehandelt haben.

Insgesamt sechs Drogenhändler werden sich damit vor Strafkammern des Landgerichts verantworten müssen. Begann der Prozess gestern mit den gebürtigen Kasachen Andreas S. (30) und Vitali P. (32) aus Bad Oeynhausen sowie dem Herforder Witalij V. (25) aus Herford, so wird eine andere Kammer des Landgerichts in der kommenden Woche mit einem weiteren Dealer-Trio die Fortsetzung der schier unglaublichen Geschichte liefern.
Andreas S. soll gemeinsam mit seinem Bruder Sergej S. (28) der Kopf der Hartdrogenhändler sein. Im Sommer begann das Brüderpaar, seine Helfer zu rekrutieren. Gesucht wurden vornehmlich Fahrer und so genannte »Körperkuriere«, so wirft es Staatsanwalt Martin Temmen den Männern in seiner Anklage vor. Organisiert wurden Mietwagen, die von den Fahrern ausschließlich nach Rotterdam gesteuert wurden. Mit von der Partie waren Personen, die das dort erworbene Rauschgift stets im eigenen Körper transportierten. Das wird besonders durch die Umstände der Festnahme der Dealer klar: Als die Polizei nach umfangreichen Telefonüberwachungen am 29. Januar eine weitere Kurierfahrt von Rotterdam nach Deutschland überwachte und die Gifthändler schließlich in Bad Oeynhausen festnahm, rutschte zunächst einem der Täter ein Beutel mit 46 Gramm Heroin aus der Hosentasche. Zwei Kuriere wurden in ein Krankenhaus eingeliefert, wo sie Stunden später insgesamt 100 Gramm Heroin ausschieden.
Spätestens im Dezember 2004 wurden die Ermittlungen der Kriminalpolizei immer konkreter. Nicht zuletzt der Einsatz einer »Vertrauensperson« bescherte den Drogenfahndern klare Details der Taten. Dennoch behaupteten die Angeklagten gestern zum Prozessauftakt in ersten Stellungnahmen, von einer Bande könne überhaupt keine Rede sein. Man habe weitgehend unabhängig voneinander gehandelt. Grund: Für ein so genanntes »bandenmäßiges« Vorgehen droht als Mindeststrafe schon fünf Jahre Haft.
Im Übrigen wollen die Angeklagten auch alle drogenabhängig sein. Das Landgericht hat deshalb alle Spätaussiedler auf Drogenmissbrauch untersuchen lassen. Ein Sachverständiger soll die Ergebnisse seiner Expertise in der kommenden Woche vorlegen.

Artikel vom 04.08.2005