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Chancenlos
gegen Heer
der Fliegen

Insekten plagen Westerwieher

Von Meike Oblau
Rietberg-Westerwiehe (WB). Die Fliegenklatsche von Mathilde Isenborth trägt ein Smiley-Gesicht - zum Lachen ist der Westerwieherin allerdings schon lange nicht mehr zumute. Das Summen von Fliegen kann sie nicht mehr hören. Noch immer sind die Anwohner der Kaunitzer Straße in Westerwiehe der dort herrschenden Fliegenplage nicht Herr geworden. Ihre einzige Hoffnung: dem Hühnerstallbetreiber, dem die Anwohner die Verursachung der Plage vorwerfen, ist der Pachtvertrag gekündigt worden.

Gemütlich auf ihrer Terrasse sitzen, das ist für Mathilde Isenborth und die anderen Anwohner der Kaunitzer Straße, der Tegelheide und der Straße am Furlbach längst unmöglich geworden. Sogar im Hochsommer ziehen sie es vor, sich drinnen aufzuhalten. Da sind zwar auch Fliegen, aber weitaus weniger als draußen. Mehrere hundert Euro hat jeder von ihnen bisher für Fliegengitter, Klebestreifen und Chemie ausgegeben. Genutzt hat es wenig, die Fliegen sind überall.
Für das WESTFALEN-BLATT machte Mathilde Isenborth am vergangenen Montag den Test: zwei Stunden lang verzichtete sie auf ihrer Terrasse an der Kaunitzer Straße auf den Einsatz der Fliegenklatsche, stellte nur Duft- und Klebestoffe auf den Tisch, um die Tiere einzufangen. Das erschreckend Ergebnis: anschließend war die ehemals weiße Tischdecke auf dem Gartentisch vor dem Haus schwarz vor Insekten. »Es ist nur noch widerlich. Am liebsten würde ich wegziehen«, sagt die Westerwieherin verzweifelt. Doch das Haus ist ihr Eigentum, so schnell gibt man das nicht auf. Vor allem beim Kochen und Essen stören die Tiere so dermaßen, dass einem glatt der Appetit vergeht: »Selbst wenn man nur zwei Sekunden die Tür öffnet, um den Hund rauszulassen, hat man die Fliegen in der Wohnung. Sie schwimmen im Kochtopf, setzen sich auf das fertige Essen«, schildert Isenborth. Der Gedanke an die lästigen Insekten lässt die Westerwieherin überhaupt nicht mehr los: »Ich träume nachts sogar von Fliegen!«
Die nervigen Tierchen, ist sie sich sicher, stammen aus dem nahe gelegenen Hühnerstall: »Der Pächter lässt die Hühner nie nach draußen, und im Stall werden die Kotgruben zu selten oder sogar nie gespritzt. Ein idealer Wachstumsort für Fliegen.«
Doch jetzt, so hoffen die entnervten Anwohner, könnte die Plage bald enden. »Zum kommenden Sommer hin wurde der Pachtvertrag des Hühnerzüchters gekündigt«, hat Mathilde Isenborth gehört. Sie hofft, dass dann auch endlich die Fliegenplage ein Ende hat.
Zuvor hatten die Anwohner bereits das Ordnungsamt der Stadt Rietberg und das Kreisveterinäramt zu Rate gezogen (das WESTFALEN-BLATT berichtete am 2. Juni). Vermutungen, wonach die Fliegen vom Steinhorster Becken nach Westerwiehe gelangen, wurden widerlegt. Geholfen ist den Anwohnern mit dieser Feststellung aber auch nicht. Das Ordnungsamt ist laut Aussage des Amtsleiters Wilfried Dörhoff rechtlich mit dem Latein am Ende. Bereits im vergangenen Jahr war seine Behörde in dieser Sache aktiv geworden, im Mai diesen Jahres häuften sich dann erneut die Anwohnerbeschwerden aus dem »Hühnerdorf«. Das Ordnungsamt nahm daraufhin Kontakt zu den Viehhaltern in der näheren Umgebung auf, die als potentielle Verursacher der Fliegenplage in Frage kommen. Nicht alle Viehhalter hätten sich einsichtig gezeigt, schilderte Dörhoff damals: »Rechtlich sind unsere Mittel als Ordnungsbehörde ausgeschöpft, wir können die Viehhalter nicht zwingen, zu spritzen. Die letzte Möglichkeit wäre, dass die Anwohner auf zivilrechtlichem Wege klagen«, sagte Dörhoff im Juni. Die Anwohner waren zu einer gemeinschaftlichen Sammelklage bereit - ihr Anwalt aber machte ihnen wenig Hoffnung. »Er hat gesagt, dass wir gar nicht erst klagen sollen, das sei rausgeschmissenes Geld«, sagt Mathilde Isenborth. Auch Umweltschutzberater Paul Hölscher ist in der »Fliegen-Angelegenheit« bereits tätig gewesen. »Die nahe der Kaunitzer Straße auftretende Fliegenpopulation entspricht nicht mehr dem normalen Umfang, wie es in Gegenden mit landwirtschaftlicher Nutzung üblich ist«, bestätigte er im Juni gegenüber dem WESTFALEN-BLATT. Die gemeine Stubenfliege entwickele sich nun einmal am besten in warmer, kotiger Umgebung. Fliegen könne man chemisch bekämpfen, aber auch mit Hilfe einer speziellen Schädlingsfliegenart, die die Larve der gemeinen Stubenfliege abtöte.
Die Kontaktaufnahme mit dem Betreiber des nahe gelegenen Hühnerstalls schlug bislang fehl. »Der legt sofort auf, wenn einer von uns am Telefon ist«, weiß Mathilde Isenborth. So ertragen die Westerwieher die Fliegenplage weiter - in der Hoffnung, dass im nächsten Sommer mit dem Hühnerzüchter und seinen Tieren auch die Insekten von der Kaunitzer Straße verschwinden. »Ich habe inzwischen sogar einen vom Arzt diagnostizierten Tennisarm vom Fliegenklatschen«, sagt Mathilde Isenborth.

Artikel vom 03.08.2005