04.08.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Hoffnungen ruhen auf Mega-Spaghetti

Ein Bioreaktor reinigt das Abwasser der Firma Zimmermann - Probetrieb für drei Monate


Von Stephan Rechlin
Gütersloh (WB). Der Reaktor wurde unbemerkt von der Öffentlichkeit und ohne Polizeischutz errichtet. Er steht unter einem Wellblechdach der Gütersloher Entsorgungsfirma Zimmermann. Wenn alles gut läuft, könnte er die Stadt und den Wasserverband Obere Lutter aus einem Dilemma befreien.
Der Bioreaktor der Firma Zenon soll das stark verschmutzte Abwasser der Firma Zimmermann gründlicher reinigen als es das Klärwerk Obere Lutter vermag. Dort wurden im vergangenen Jahr erhöhte CSB-Werte (chemischer Sauerstoffbedarf) gemessen. Die hohen CSB-Werte sind brisant. Laut einem im vergangenen Jahr vorgelegten Gutachten konnte die Stadt zeitweise nicht mehr die entwässerungstechnische Erschließung von Baugebieten über dieses Klärwerk garantieren. Dem Abwasserverband Obere Lutter drohen nicht nur erhöhte Abgaben, sondern auch Strafverfahren und Schadensersatzforderungen.
Die Hoffnungen ruhen nun auf dem Bioreaktor. Die Stadt kommt für einen dreimonatigen Probebetrieb auf. Angestellte der Firma Zimmermann bedienen und warten den Reaktor, Mitarbeiter des Wasserverbandes messen täglich zweimal den Verschmutzungsgrad des Wassers nach. Kernstück des Reaktors sind zwei Hohlfasermembranen, die wie überdimensionale Spaghetti in einer Kammer hängen. Sie trennen den Schlamm vom Wasser. Rückspülungen und ständig hereingeblasene Luft verhindern, dass die Hohlfasern verstopfen. Dem Abwasser wurde zuvor eine um bis zu 15-fach höhere Menge Belebtschlamm zugefügt als es in einem Klärwerk möglich ist. Die Bakterien in diesem Schlamm passen sich dem Abwasser an und bauen die darin enthaltenen Giftstoffe ab.
Wie gut das gelingt, wird man erst in drei Monaten beurteilen können. Falls der Probebetrieb dann erfolgreich gewesen sein sollte, stehen Stadt und Verband vor der Frage, ob sie einen großen Reaktor kaufen wollen. Der würde gut eine Million Euro kosten. Die Alternative wäre der Ausbau des Klärwerkes Obere Lutter. Dessen letzte Erweiterung (1994- 1997) kostete 13,3 Millionen Euro.

Artikel vom 04.08.2005