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Ausbildung
in Klärwerk
und Bauhof

Gemeinde schafft Lehrstellen

Verl (ehl). In Ostwestfalen-Lippe suchen momentan noch 6600 Jugendliche eine Lehrstelle. Jan Benedikt Semp aus Verl und Ronja Kolasinski aus Kaunitz gehören zum Glück nicht dazu: Die beiden 17-Jährigen hatten gestern ihren ersten Tag als Auszubildende in den Diensten der Gemeinde Verl.

Bislang hatte die Gemeinde nur nach Bedarf ausgebildet, also wenn garantiert war, dass es für die jungen Leute nach ihrer Lehrzeit eine freie Stelle gab. Das ist diesmal anders: Erstmals wurden Ausbildungsplätze ohne Übernahmegarantie eingerichtet. Ob in drei Jahren Bedarf für ein festes Arbeitsverhältnis bestehe, müsse man abwarten, erläuterte Mirjam Drüke, im Rathaus zuständig für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Insgesamt bietet die Gemeinde sogar vier jungen Leuten die Chance auf den Einstieg ins Berufsleben: Jacqueline Glock, Auszubildende als Fachangestellte für Bäderbetriebe, ist im dritten Lehrjahr im Freibad beschäftigt, und am 1. September wird Tim Eilers im Rathaus eine Ausbildung zum Inspektoranwärter beginnen.
Neu ist aber nicht nur die Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze, sondern auch, dass erstmals eine Frau im Bauhof-Team mitarbeitet. Neben Ronja Kolasinski hatten sich noch drei weitere Frauen um die Lehrstelle zum/zur Straßenwärter/in beworben, die 17-Jährige schaffte es jedoch als einzige bis zum Vorstellungsgespräch. Dort ließ sie zwei männliche Mitbewerber hinter sich. Ein weiterer Konkurrent hatte zwar die gleiche fachliche Eignung, doch Ronja profitierte vom Landesgleichstellungsgesetz NRW, nach dem bei einer Unterrepräsentanz von Frauen in einem bestimmten Bereich die weibliche Bewerberin einzustellen ist. Ronjas Ausbildungsleiter sind Bauhof-Chef Sven Meier und Dieter Brummel, der selbst der erste und bisher einzige Auszubildende im Bauhof war. Für ihre Einstellung nimmt die Gemeinde sogar Umbauten in Kauf: WC, Dusche und Umkleide im Bauhof müssen nun für Damen und Herren getrennt werden.
Auf ihren für Frauen noch immer eher ungewöhnlichen Berufswunsch war Ronja übrigens durch ein Schulpraktikum im Tiefbauamt gekommen. »Eigentlich wollte ich Tischlerin werden, aber das Praktikum gefiel mir sehr gut«, erzählt sie. 35 Bewerbungen hatte sie bereits erfolglos geschrieben, bevor es mit dem Ausbildungsplatz klappte. Die Lehrstelle war kurzfristig ausgeschrieben worden, nachdem bei einem Besuch von Verler Hauptschülern im Rathaus deutlich geworden war, dass noch viele der diesjährigen Abschluss-Schüler ohne Ausbildungsplatz dastehen. Den betreffenden Schülern fehlte allerdings die erforderliche Qualifikation, so dass Ronja, die nach der Hauptschule noch ein Berufsgrundschuljahr absolviert hat, zum Zuge kam.
Jan Benedikt Semp wird in den nächsten drei Jahren im Klärwerk Verl-West zur Fachkraft für Abwassertechnik ausgebildet (Ausbilder: Bernd Weidemann). Er hatte drei Bewerbungen abgeschickt und konnte zwischen zwei Zusagen wählen - heute wohl ein ziemlich seltener Fall.

Artikel vom 02.08.2005