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Eine Säule vor der Marienkirche 1899. Foto: Archiv Pape

»Bewerfen ist verboten«

150 Jahre Litfaßsäule - 69 runde Werbeträger Teil des Stadtbildes

Von Ruth Matthes
Herford (HK). Vor 150 Jahren ließ Ernst Litfaß in Berlin die ersten Werbesäulen errichten. Mittlerweile gehören sie zu jedem Stadtbild. In Herford sind Litfaßsäulen seit 1886 nachweisbar. Damals gab es gerade mal sieben runde Werbeträger, heute sind es immerhin 69.

Im Verwaltungsbericht für die Zeit von April 1884 bis 1887 ist für 1886 die Aufstellung von sieben öffentlichen Anschlagsäulen auf Altem und Neuem Markt, Radewiger Kirchplatz, Wilhelmsplatz, an Steintor, Rennstraße und Stift Berg verzeichnet. Die entsprechende Polizei-Verordnung stammt von November 1885. Drei Jahre später wurde eine Annoncen-Uhr in Form einer Säule genehmigt.
In der Tarif- und Betriebsordnung, veröffentlich im Januar 1894, war geklärt, dass, wer ein Plakat an eine Säulen kleben wollte, es zuvor im Original auf dem Polizeibüro vorzulegen hatte. »Bei anstandsloser Genehmigung« wurde es mit einem Tagesstempel versehen. Auch die Gebühr wurde dort kassiert: 2,50 Mark für einen Quadratmeter. Die Aushänge sollten nach dem Anschlagstag drei Tage unverletzt bleiben: »Jeder Anhefter muss daher Plakate, welche nach dem Datumstempel diese Frist noch nicht ausgehangen haben, beim Anheften des eigenen Plakates unverletzt und sichtbar lassen«.
»Verletzungen« wurden hart bestraft. In der überarbeiteten Polizei-Verordnung von 1910 heißt es: »Die mutwillige und fahrlässige Beschädigung, die Verunreinigung, sowie das Besteigen und Bewerfen der Anschlagsäulen und endlich das unbefugte Abreißen, Vertilgen oder Beschmutzen der Plakate ist verboten.« Geahndet wurden diese Vergehen mit Geldstrafen bis zu 9 Mark oder mit Haft bis zu drei Tagen.
Die Stadt hatte bereits 1886 mit dem Unternehmer Wefelmeier einen Vertrag geschlossen, der vorsah, dass dieser die Säulen auf seine Kosten errichtete, »wogegen die Stadt durch Polizei-Verordnung das Anheften von Bekanntmachungen an Häusern u.s.w. verbietet und alle Anschläge dem Unternehmer überweiset, der eine bestimmte öffentlich bekannt gemachte Gebühr erhebt«, heißt es im Bericht.
So ist es im Grundsatz noch heute. Die Ströer/DSM (Deutsche Städte Medien GmbH) ist für die Errichtung und Bewirtschaftung der runden Werbeflächen zuständig. Insgesamt gibt es in Herford 104 so genannte Anschlagstellen - neben Säulen auch Seiten von Buswartehäuschen, große Plakattafeln oder kleine Stellschilder -, die von der Stadt verpachtet werden. Hinzu kommen weitere private Werbeflächen.
Unterschieden wird bei den Litfaßsäulen nach Allgemein- und Ganzstellen. Wie Volker Prummenbaum, Niederlassungsleiter von Ströer/DSM in Bielefeld, erklärt, handele es sich bei den Allgemeinstellen um eine Sammlung mehrerer Veranstaltungsplakate von Sport- und Kulturveranstaltungen, die Ganzstelle wird von einer Firma komplett gemietet. Die Allgemeinstelle als Werbeinstrument sei im Laufe der letzten Jahre unter Druck geraten, da Kultureinrichtungen das Geld ausgehe oder sie kleine Stellschilder in Fußgängerzonen bevorzugten. »In Herford sind etwa 50 der 69 Litfaßsäulen Allgemeinstellen«, differenziert der Leiter Technik von Ströer/DSM, Thomas Melges. Das Kleben besorgen Subunternehmer wie die Färber-Niewöhner GbR Bünde und RCR aus Lippe.

Artikel vom 03.08.2005