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Großer Ärger mit kleinem Schild

Unternehmer kritisiert »mangelndes Fingerspitzengefühl« bei Behörde

Von Stefanie Westing
Frotheim/Isenstedt (WB). Matthias Fegel konnte es nicht glauben, als ihm Ende der vergangenen Woche das Schreiben vom Landesbetrieb Straßen NRW auf den Schreibtisch flatterte. Sein Werbeschild an der Hauptstraße in Isenstedt soll innerhalb von zwei Wochen abgebaut werden, anderenfalls droht eine Geldbuße von bis zu 10 000 Euro. Merkwürdig dabei: Das gute Stück steht dort schon seit mehr als zwei Jahren, und das auch noch auf Privatgrund.

»Ein Schildbürgerstreich«, schimpft der 41-jährige Inhaber der Firma Fegel. »Als Unternehmer versuche ich, mit kreativen Mitteln Arbeitsplätze zu schaffen und zu sichern. Und dann machen mir die Behörden einen Strich durch die Rechnung. Man könnte dort etwas mehr Fingerspitzengefühl beweisen.« Unternehmerisches Denken werde immer wieder durch bürokratische Maßnahmen unterbunden, kritisiert Fegel. »Ich finde das lächerlich. Die Behörden handeln zwar gesetzeskonform, aber dieses Land hat doch wirklich andere Probleme.« Immerhin störe das Schild niemanden, steht es doch im Garten eines Freundes - zu einem Unfallschwerpunkt habe sich der Standort in den vergangenen gut zwei Jahren jedenfalls nicht entwickelt, seitdem er das Schild aufgestellt habe.
Doch der Werbeträger wurde nur wenige Meter vom Fahrbahnrand entfernt platziert. Und damit verstößt Fegel tatsächlich gegen Paragraf 28 des Straßen- und Wegegesetzes für das Land NRW, nach dem keine Werbeschilder innerhalb eines Abstandes von 20 Metern vom äußeren Fahrbahnrand aufgebaut werden dürfen. In einer Entfernung zwischen 20 und 40 Metern bedarf es der Genehmigung, hieß es auf Anfrage aus der Niederlassung Minden des Landesbetriebes Straßen NRW. Immerhin brauche der Autofahrer gerade außerhalb der geschlossenen Ortschaft seine ganze Aufmerksamkeit für den Straßenverkehr. In Zeiten, in denen Werbeträger, Anhänger mit Vorankündigungen von Veranstaltungen und andere Plakate aus dem Boden sprössen wie Pilze, sei es notwendig, dagegen vorzugehen. »Diese ungenehmigten Werbeanlagen machen mehr Arbeit als Bauanträge«, teilt der Landesbetrieb Straßen NRW mit. Daher könne es halt manchmal etwas länger dauern, bis das Schild entdeckt werde.
Hätte der Frotheimer Unternehmer den Werbeträger innerhalb der geschlossenen Ortschaft aufgebaut, hätte er jetzt keine Probleme. Dann wäre das Sachgebiet »Sicherheit und Ordnung« bei der Stadt Espelkamp die zuständige Stelle. Dessen Leiter Willy Hübert erklärt: »Auf rein privater Fläche ist es nicht verboten, ein solches Schild aufzubauen, wenn es weniger als einen Quadratmeter Fläche hat.« Solange ein Werbeträger nicht verkehrsbehindernd stehe und nicht aussehe wie ein normales Verkehrsschild, sei nichts dagegen einzuwenden. »Innerorts gibt es sowieso schon genug Punkte, wo ein Autofahrer abgelenkt werden kann. Da kommt es auf ein kleines Schild nicht mehr an«, sagt Hübert. Bei mehr als einem Quadratmeter Fläche aber sei ein solcher Werbeträger baurechtlich genehmigungspflichtig. Allerdings, gibt Hübert zu, sieht es die Kommune nicht so gern, wenn öffentliche Straßen mit Werbung zugepflastert werden - vor allem Veranstaltungsankündigungen seien ein Problem. Dafür habe die Stadt Espelkamp Plakatsäulen, zum Beispiel an der Rundturnhalle, aufgebaut, die zu diesen Zwecken genutzt werden.
Matthias Fegel hat inzwischen beschlossen, das kleine Schild, das großen Ärger verursacht, abzubauen: »Ich brauche meine Kraft für mein Unternehmen und will nicht länger für etwas kämpfen, das sowieso keine Aussicht auf Erfolg hat.« Von dem so genannten Bürokratieabbaugesetz, das Unternehmern in der Modellregion Ostwestfalen-Lippe mehr Rechte einräumt, hat dem 41-Jährigen übrigens niemand etwas gesagt. Nach diesem Gesetz mit um bis zur Hälfte verkürzten Bearbeitungszeiten hat ein Unternehmer die Möglichkeit, außerorts ein Hinweisschild mit Namen und Gewerk, allerdings ohne Adresse oder Telefonnummer, genehmigt zu bekommen.

Artikel vom 03.08.2005