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Burlesker Opernspaß ganz ohne Belcanto

Klosterfestspiele zeigen »Die Kluge« von Carl Orff

Von Andrea Pistorius
(Text und Foto)
Dalheim (WV). Die Aufführung erinnert an Brecht: ein auf dem Lande angesiedeltes Lehrstück mit Musik, in dem Schelme und Weise agieren und die Handlung um Macht und Recht schließlich zu einem guten Ende findet. Orffsche Klänge und das rustikale Ambiente des Schafstalls lassen »Die Kluge« vollends zu einem besonderen Opernerlebnis werden.

Mit der Inszenierung der Orff-Oper ist der Intendant der Kloster-Festspiele »Dalheimer Sommer«, Dr. Wolfgang Kühnhold, ein Wagnis eingegangen, das sich ohne Einschränkungen gelohnt hat. Mit Blick auf das ihm zur Verfügung stehende, gut geschulte Amateur-Ensemble von der Studiobühne der Paderborner Universität hat er ein Musikdrama ausgewählt, das den darstellerischen und stimmlichen Möglichkeiten einer Schauspielertruppe auf ideale Weise entgegen kommt.
Kühnhold stellt in seiner Einstudierung das Theatralische, nicht die Musik in den Vordergrund, und entscheidet sich für eine rhythmische, klar artikulierte Sprechweise als passende Ergänzung zum Schlagwerk-Instrumentarium des fünfköpfigen Orchesters. Die Handlung ist burlesk, wobei die Charaktere auf angenehme Weise übertrieben gezeichnet werden.
Dabei zeigt das Ensemble eine durchweg geschlossene Leistung. Andreas Dierkes und Stefanie Humann geben ein majestätisches, gleichwie sympathisches Königspaar ab. Marc Kröger und Wolfgang Kühnhold (in Vertretung für Thomas Bittner) sind das gegensätzliche Bauernpaar, das - dumm der eine und durchtrieben der andere - um ein Eselfohlen streitet. Für Witz sorgen die drei Strolche (Robert Leinfellner, Hans-Gilbert Reuß und Egor Wirz) mit wahrhaft komödiantischen Szenen. In Nebenrollen agieren Joachim Köhring und Timo Wiesemann.
In seiner Darstellung und Sprechweise lässt das Bühnenensemble viel Engagement und Spielfreude erspüren; seine gesanglichen Fähigkeiten dagegen sind - weniger in den Sprechgesang-Passagen als vielmehr in den mehrstimmigen Liedern - durchaus noch zu verbessern. Die Unsicherheiten fallen in der derb-komischen Aufführung jedoch nicht ins Gewicht.
Die Musik, die den Märchenstoff begleitet, hat Carl Orff (1895-1982) nicht nur für großes Orchester, sondern auch für eine kleine Besetzung bestehend aus Klavier und Schlagwerk gesetzt. Die Instrumentalisten Kathrin Hampf, Julia Docherty, Dieter Nowak, Sebastian Stüwe und Matthias Soyka sorgen für eine Interpretation, die die Handlung wirkungsvoll betont und sicher trägt.
Als Kulisse genügen - bis auf wenige Ergänzungen - die Wände und Balken des historischen Schafstalls. Ebenso schlicht bleiben, bis auf die königlichen Gewänder, die Kostüme. Kühnhold zeigt damit eine Opernaufführung, die gut zu Dalheim passt.

Artikel vom 02.08.2005