04.08.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Wenn das Unmögliche möglich wird

Bochumer Kirchenmusiker Roman Puck begeistert in St. Paulus - gelungene Programmgestaltung

Von Johannes Zoller
Harsewinkel (WB). Das war grandios, das war einfach genial: Der Bochumer Kirchenmusiker Roman Puck begeisterte das Harsewinkeler Publikum jetzt im Rahmen der Reihe »Abendmusiken« in der St. Paulus-Kirche.

Der Musiker aus dem »Pott« bot ein vielseitiges Konzertprogramm an der großen Muhleisenorgel. Da sich zu dem Zeitpunkt dieses Konzertes auch der Todestag von Franz Liszt zum 119. Male jährte, war die Programmgestaltung insofern sehr gelungen, da sie über Orgelwerke von Georg Muffat, Johann Sebastian Bach und Siegfried Karg-Elert im »Präludium und Fuge über B-A-C-H« (2. Fassung von 1870) von Franz Liszt einen großartigen Höhepunkt gefunden hatte.
Nachdem das Abendglockengeläut, das zum Konzertgang in die Kirche geladen hatte, verklungen war, ertönten zum Auftakt der »Toccata quinta« von Georg Muffat (1653-1704) die kräftigen Bässe der Muhleisenorgel wie ein Boden gebender Empfang. Im Mittelteil dieses Stückes fanden die zarten Klänge der sich abwechselnden Läufe der höheren Register in den aufwärts strebenden Punktierungen eine Steigerung, die zum Schluss nur in den ganz tiefen Tönen einen gebührenden Rahmen für ihren Ausklang gefunden hatten.
Der 1971 in Ansbach (Bayern) geborene Roman Puck, der sein B-Examen in Regensburg und sein A-Examen in Essen absolviert hat, interpretierte das »Vater unser im Himmelreich«, BWV 682 von Johann Sebastian Bach (1685-1750), sehr überzeugend. Hier wie im folgenden »Contrapunctus 14 in d-moll« aus »Die Kunst der Fuge«, BWV 1080 des gleichen Komponisten wurde die ausgereifte Vollkommenheit in Bachs späten Werken deutlich zu Gehör gebracht.
Nach der Stille, die im Anschluss auf den letzten und unvollendeten Kontrapunkt aus Bachs Werk folgte, schlossen sich fünf symphonische Skizzen von Siegfried Karg-Elert (1877-1933) an. Diese Stücke waren geprägt von der lyrischen Grundstimmung eines erweiterten Klangempfindens.
Mit dem abschließenden »Präludium und Fuge über B-A-C-H« von Franz Liszt (1811-1886), in dem nicht zuletzt der Name Bachs in einer Weise bespielt wurde, zeigte Puck seine große Virtuosität am Instrument. Die Zuhörer konnten den Eindruck bekommen, dass das Unmögliche möglich und das Unfassbare erfahrbar wurde. Das Stück begann in Fortissimo. Und die Ziel-Töne der sehr schnellen, fast gleichzeitigen Aufwärts- und Abwärtsläufe fanden sich einerseits in den Tiefen, andererseits in den Höhen, aber auch in den mittleren Tonlagen wieder, wobei der universelle Ansatz von Liszts Musikalität zum Ausdruck kam. Während im Pianissimo zu Beginn der Fuge, in den ganz leisen Modulationen wie ein »Nicht Etwas« von allem Seienden angedeutet wurde, war dieser Anfang zugleich wie die Quelle für jene Intensität, da die vibrierenden Bässe die ganze Kirche mit ihrem großen Klang erfüllten.
Und alle nur erdenklichen Höhen konnten nicht umhin, als mitzuschwingen. Das Stück endete wie in einem Ruf aller nur erdenklichen Töne, die in dem Schlussakkord in Fortissimo das universelle Bewusstsein berührten. Das Publikum war begeistert.

Artikel vom 04.08.2005