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»Bünder Chor in extremer Existenznot«

Differenzen zwischen StadtKultur GbR und dem Städtischen Musikverein


Zu den bestehenden Differenzen zwischen der StadtKultur GbR und dem Städtischen Musikverein äußert sich ein Leser im folgenden Brief:
»Zu Beginn möchte ich aus einem Kommentar ÝFarbe für den AlltagÜ aus der Zeitschrift ÝUnsere KircheÜ vom 24. August 2005 einige Sätze zitieren: ÝEin Gottesdienst ohne Musik. Haben Sie sich das schon einmal vorgestellt? Eine Kirche ohne Kunst, eine Stadt ohne öffentliche Bibliothek, ohne Theater und Museum? Allerdings gibt es Menschen, die in dieser Hinsicht nicht so sensibel sind. In Zeiten leerer Kassen, meinen sie, gehöre alles auf den Prüfstand. Darum ist nur zu hoffen, dass die Finanzbürokraten nicht das letzte Wort haben. In den Kirchen nicht und auch nicht in den Kommunen.Ü Als ich hörte, dass das Kulturamt der Stadt aufgelöst und das gesamte Kulturwesen privatisiert, also an die StadtKultur GbR übertragen werden sollte, hatte ich gleich ein ungutes Gefühl und große Sorge um den Musikverein. Meine Vermutungen haben sich nun leider bestätigt.
Mit der politisch gewollten Privatisierung und den daraus absehbaren Folgen für den Städtischen Musikverein nimmt man ganz bewusst und knallhart in Kauf, dass ein großer Bünder!! Chor in extreme Existenznot gebracht wird. Ohne Unterstützung durch die Stadt kann der Musikverein künftig keine Konzerte in gewohnter Form mehr bestreiten und wird dann zur Aufgabe gezwungen sein.
Mit dem Beschluss, die Bünder Kultur zu privatisieren, hat der Rat der Stadt sich eines lästigen Beiwerkes, nämlich des Kulturamtes, entledigt. Ich glaube, dass er sich der Tragweite seiner Entscheidung nicht bewusst war und was jetzt und in Zukunft damit angerichtet wird.
Privatisieren, als das Kulturleben der Stadt an eine Privatfirma, in diesem Falle an die Firma StadtKultur GbR des Herrn Kaiser zu übertragen, halte ich für höchst problematisch. Herr Kaiser handelt, wie jeder Geschäftsmann, betriebswirtschaftlich, also möglichst kostendeckend. Was aus seiner Sicht nicht interessant und lukrativ erscheint, wird abgeschafft. Das scheint offenbar die Philosophie des Herrn Kaiser zu sein. Hinzu kommt vielleicht noch, dass die Musik des Vereins nicht in Herrn Kaisers Musikverständnis passt. Von heute auf morgen ist der Musikverein für das Kulturprogramm überflüssig geworden und wurde wie eine heiße Kartoffel fallen gelassen.
Unter fadenscheinigen Argumenten, wie man sie letztens in der Presse lesen konnte, wurde der Städtische Musikverein kurzerhand und ohne Verhandlungen mit dem Vorstand aus dem Abo-Programm gestrichen. Das sind Gebaren gegenüber dem Musikverein, die sich schlichtweg nicht gehören - aber das sind offenbar Herrn Kaisers Geschäftsmethoden.
Der tiefere Sinn ist nach meiner Ansicht einzig und allein im Ökonomischen Bereich zu suchen. Konzerte, wie sie der Städtische Musikverein aufführt (in der Regel mit großem Orchester, zum Beispiel Nordwestdeutsche Philharmonie, mit Chor und vier Solisten) sowie Sinfoniekonzerte, Schauspiele und ähnliche Veranstaltungen sind selbst bei gut besuchtem Haus nicht kostendeckend. Hinzu kommt der technische und organisatorische Aufwand, zum Beispiel Aufstellen des Podiums für Chor und Orchester und andere Dinge mehr. Das alles scheint für Herrn Kaiser offenbar zu viel und zu lästig zu sein, zumal es sich für ihn noch nicht einmal rechnet.
Viele Jahrzehnte lang war der Chor fester Bestandteil im Kulturleben der Stadt Bünde und hat alle Konzerte mit großem Erfolg und hohen Besucherzahlen bestritten. Die Stadt Bünde konnte sich immer für die Konzertreihen auf den Musikverein verlassen. Spätestens hier sollten sich unsere gewählten Kommunalvertreter, allen voran die Bürgermeisterin, auf das Verhalten der StadtKultur GbR gegenüber dem Musikverein aufmerksam werden. Sie können nicht sagen, dass sie damit nichts mehr zu schaffen haben. Nach meiner Auffassung stehen sie in dieser Angelegenheit nach wie vor in der Verantwortung.
Dass es sich bei dem Musikverein auch heute noch um einen engagierten Chor handelt, beweisen die Berichterstattungen und die durchgehend guten Kritiken in der heimischen Presse von Personen mit Musikverstand. Wer von den verantwortlichen Personen, und dazu zähle ich auch Herrn Kaiser, diese Berichte einsehen möchte, dem kann ich diese lückenlos ab 1986 zur Verfügung stellen.
Wie man aus den Zeitungsberichten unschwer erkennen kann, handelt es sich, ohne überheblich zu sein, um einen leistungsfähigen Chor, der sich der Aufführung von Oratorien, Requien, Messen und anderen anspruchsvollen Musikstücken großer und weniger bekannter Komponisten seit annähernd 80 Jahren verschrieben hat und dessen Konzerte von den Zuhörern gebührend honoriert wurden. Die hohen Besucherzahlen beweisen, dass die Konzerte des Musikvereins vom Publikum gerne gehört wurden.
Es kann doch wohl nicht sein, dass sich die Bünder Veranstaltungen früher oder später aus Kostengründen nur noch auf Comedy, Kabarett, Kleinkunst und leichte Muse beschränken. Sollte das angestrebt werden, dann kann man Bündes Kultur bald zu Grabe tragen.«

HANS HÖLSCHER32257 Bünde

Artikel vom 02.08.2005