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Gymnasium
will rauchfreie
Schule werden

Rechtschreibreform weiter umstritten

Von Hans-Heinrich Sellmann
Halle (WB). Noch drei Wochen Ferien und trotzdem sind die Schulen in aller Munde. Gestern traten zwei Gesetze in Kraft, die auch die Bildungsanstalten in Halle unmittelbar betreffen - oder ganz ausdrücklich nicht betreffen. Das WESTFALEN-BLATT hat sich bei den Leitern der drei weiterführenden Schulen umgehört. Die Themen: Rauchverbot und Rechtschreibreform.

Im Januar hatte der Düsseldorfer Landtag ein Gesetz verabschiedet, das Schülern, Lehrern und Eltern das Rauchen an Schulen untersagt - immer und überall. Seit gestern nun sind die Schulkonferenzen angehalten, die Vorschriften umzusetzen. Sie haben das letzte Wort, können je nach Auffassung noch Ausnahmen von der Regel schaffen. Während Frank Spannuth (Realschule) und Dr. Peter Neumärker (Hauptschule) die Sitzung des Gremiums noch abwarten - »Wir blicken dem Ganzen mit der nötigen Gelassenheit entgegen« (Spannuth) -, ist das Thema am Kreisgymnasium schon auf einigen Tagesordnungen zu finden gewesen. »Wir gehen davon aus, eine rauchfreie Schule zu werden«, sagt Direktor Gerd Giesselmann. Lehrer und Eltern hätten sich bereits geschlossen für das Verbot ausgesprochen. »Jetzt rechne ich noch mit dem einen oder anderen Schülerantrag, Ausnahmen von dem Verbot zu schaffen.«
Ob diese allerdings Erfolg haben werden, stellte Giesselmann ausdrücklich in Frage. Zu sehr hätten ihn die rauchenden Schüler in der Vergangenheit enttäuscht. »Wir hatten jahrelang ein Abkommen: Die Schule richtet Raucherzonen ein, die von den Rauchern gesäubert werden.« Der zweite Teil der Abmachung sei jedoch nur selten erfüllt worden. Alles sieht danach aus, als müssten die Oberstufenschüler in Zukunft - erlaubterweise - das Schulgelände verlassen, um »eine zu quarzen«.
Für rauchende Köpfe ganz anderer Art sorgt die neue Rechtschreibung. Und daran ändert auch das gestrige Inkraftreten in 14 Bundesländern nichts. Denn mit der Abkopplung von Bayern und Nordrhein-Westfalen sind die neuen Regeln für mehr als ein Drittel der Deutschen immer noch nicht verbindlich. Völlig zu Recht, wie Dr. Peter Neumärker findet. »Wieso wird etwas eingeführt, was noch nicht sicher ist?« fragt der Hauptschulrektor. Der ihm beipflichtende Gerd Giesselmann: »Die anderen Länder hätten gut daran getan, den Rat für deutsche Rechtschreibung abzuwarten.« Das von der Kultusministerkonferenz eingesetzte Gremium hat einige strittige Schreibweisen noch nicht endgültig geklärt. Der Oberstudiendirektor geht sogar noch weiter: »Ich hoffe, dass das der Einstieg in den Ausstieg ist.« Für ihn mache die ganze Reform keinen Sinn, würden 95 Prozent aller Fehler ohnehin gemacht werden - egal, ob alt oder neu.
Entscheidend sei weniger die Schreibweise als die Grammatik: »Wer das ÝßÜ nicht verstanden hat, versteht auch das ÝssÜ nicht.« Ein Problem, von dem auch Dr. Neumärker ein Lied singen kann: »Unsere Hauptschüler haben mit der deutschen Sprache ganz andere Schwierigkeiten.« Dagegen kann Frank Spannuth nicht nur den neuen Regeln etwas abgewinnen (»Schifffahrt mit drei ÝfÜ ist nicht ästhetisch, aber logisch«), er hätte es auch befürwortet, wenn alle an einem Strang gezogen hätten: »Die neuen Regeln werden sich durchsetzen, einen Weg zurück gibt es nicht. Das Land hat wichtigere Probleme als die Rechtschreibung.«

Artikel vom 02.08.2005