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Nein: das kleine, große Wort

Projekt in Wewelsburg macht Kinder stark gegen sexuellen Missbrauch

Wewelsburg / Kreis Paderborn (WV). Im Wewelsburger Kindergarten St. Meinolf wird gesungen - und wie! Dabei ist die Vorsängerin gar kein Mensch, sondern die Puppe Mia. Mia singt und zählt dabei die Körperteile auf, die jedes Kind kennt. Die Gruppe beendet den Refrain mit der triumphierenden Feststellung: »... und alles gehört mir«.

Mia ist die Kunstfigur der Puppenspielerin Nelo Thies, die zurzeit im Auftrag von »Belladonna«, dem Beratungsdienst des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF), durch die Kindergärten im Kreisgebiet tourt. Rund um das Puppenspielstück »Ich sag's Lissy« hat »Belladonna« ein »KinderStarkMachProjekt« aufgebaut, das nicht nur die Kleinen, sondern auch Eltern und Erzieherinnen über die Gefahren sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche informiert. Die Kampagne ist erfolgreich. 37 Einrichtung haben ihr Interesse angemeldet, mehr als 1000 Kinder, Eltern und Erzieher hat »Belladonna« bereits erreicht. In Wewelsburg waren Mia, das Meerschweinchen Lissy und ihre Freunde drei Wochen lang zu Gast.
»Das Thema interessiert auch die Eltern sehr«, sagt Elisabeth Kleine, Leiterin des Kindergartens St. Meinolf. Noch wichtiger sei aber das Ergebnis, das die Erzieherin bei den Mädchen und Jungen beobachtet hat: »Die Kinder werden sicherer. Sie wissen, was sie wollen und nicht wollen. Und sie können Nein sagen.« Dieses Nein-Sagen-Können, wenn sie zum Beispiel eine Berührung nicht möchten, ist vielleicht der wichtigste Selbstschutz der Kinder.
»Wenn die Kinder stark genug sind, nicht nur Nein zu sagen, sondern auch mitzuteilen, wenn etwas vorgefallen ist, haben wir unser Ziel erreicht«, sagt die Sozialarbeiterin Susanne Roesler von »Belladonna«. Sie weiß, dass Missbrauch häufig im Bekanntenkreis oder sogar in der Familie stattfindet. Im Kreis Paderborn berät die SkF-Beratungsstelle »Belladonna« jährlich in 80 Fällen, bei denen Kinder und Jugendliche Gewalt und Missbrauch erfahren haben. Die Dunkelziffer ist wahrscheinlich wesentlich höher. Weil Vorbeugung wichtig ist, allein aber nicht ausreicht, beschäftigt »Belladonna« künftig die Kinder- und Jugendpsychotherapeutin Ingrid Straube. Finanziert wird ihr Honorar unter anderem durch das Spendenprojekt »Bad Wünnenberg hilft«.
Den Kindergarten-Kindern ist das alles natürlich so nicht bewusst. Aber sie mögen Mia und ihr Meerschweinchen Lissy, haben beim Stück von Nelo Thies mitgelitten, es nachgespielt, gemalt und darüber geredet. Am meisten Spaß aber macht ihnen das Singen. Und dabei schreien sie das kleine, große Wort, auf das ankommt, so laut heraus, wie sie nur können: Nein! Denn, so geht es weiter im Lied, » . . . das gehört alles mir«.

Artikel vom 05.08.2005