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Das Wort zum Sonntag

Von Christa Stausberg


Der Evangelist Johannes berichtet in seinem 21. Kapitel über das Erscheinen Jesu am See von Tiberias. »Simon Petrus, Thomas, genannt Didymus (Zwilling), Natael aus Kana in Galiläa, die Söhne des Zebedäus und zwei andere von seinen Jüngern waren zusammen. »Simon Petrus sagte zu ihnen: Ich gehe fischen. Sie sagten zu ihm: Wir kommen auch mit. Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot. Aber in dieser Nacht fingen sie nichts.« (Joh.21, 2-4) »Ich gehe fischen«, sagt Petrus und die anderen Jünger gehen mit. Sie haben Jesus auf seinem Weg begleitet bis zum Tod und haben seine Auferstehung erlebt.
Nun hat der Alltag sie wieder - damals wie heute. Die großen Feste liegen hinter uns. Der Seele bietet sich die Möglichkeit, die Fülle der Feste, Advent, Weihnachten, Fastenzeit, Ostern und Pfingsten, zu verarbeiten. Unsere tägliche Arbeit holt uns immer wieder ein. Wenn wir weiter in dem 21. Kapitel lesen, erfahren wir, dass die Jünger das tun, was sie schon immer getan haben, sie gehen fischen.
So wie auch wir an unseren Arbeitsplatz gehen. Jeder fischt auf seine Art im Meer seines Alltags, um das tägliche »Brot« zu verdienen. Im Vers 3 heißt es: »In dieser Nacht fingen sie nichts.« Enttäuscht kommen sie zurück.
Wer von uns kennt nicht dieses Gefühl, umsonst sich bemüht zu haben, vergebens gesorgt zu haben, alles getan zu haben. Die Jünger sehen bei ihrer Rückkehr einen Mann am Ufer stehen, von dem sie nicht wussten, dass es Jesus war, der sie fragt: »Habt ihr etwas zu essen?« Sie antworten mit einem klaren »Nein«.
Jesus schickt sie wieder auf den See hinaus mit dem Auftrag, erneut die Netze auszuwerfen. Und ihr Fang ist so gewaltig, dass das Boot das Netz kaum ziehen kann. »Da sagte der Jünger, den Jesus liebt, zu Petrus: Es ist der Herr!« (Joh.21, 7).
Mit dieser Geschichte macht uns der Evangelist Johannes die Fülle unseres Glaubens deutlich. Aber auch, dass alles nur durch Gottes Wort geschehen kann.
»Habt ihr etwas zu essen?«, ist die Frage Jesu an uns. Nicht nur das tägliche Brot, sondern ob wir etwas haben, das unseren tiefsten Lebenswillen nährt. Die Jünger antworteten damals mit »Nein«. Mit »Nein« müssen wir auch antworten, denn unsere Hände sind leer, unsere Herzen ebenfalls. Von uns aus haben wir nichts. Jesus fordert seine Jünger auf, noch einmal die Netze auszuwerfen. Es noch einmal zu versuchen. Nicht aufgeben. Sie gehen wieder an die Arbeit. Sie vertrauen ihm und es geschieht das Wunder. Sie bekommen den Lohn ihres Vertauens in Fülle. Es geschieht das Wunder der Fülle. Aus der Vergeblichkeit wird die Erfahrung von Fülle und Erfülltsein.
Das ist es, was mich an diesem Kapitel des Johannes-Evangeliums tröstet und stärkt: Gib nicht auf, wenn du das Gefühl hast, als »Fischer« versagt zu haben, zum Beispiel bei der Erziehung der Kinder im Glauben, in der Gemeindearbeit. Immer weniger Menschen nehmen an den sonntäglichen Gottesdiensten teil. Die Erfahrung von Vergeblichkeit macht mutlos, lässt uns resignieren und in ein Tal des Jammerns fallen. In dieser Situation ruft uns Jesus zu: »Weitermachen. Werft eure Netze aus. Es kommt nicht auf Einfälle, Aktionen und Konzepte an. Entscheidend ist euer Glaubenszeugnis, eure Liebe und euer Vertrauen zu mir, dem Auferstandenen, der euch das Leben in Fülle gibt. Ich schenke es euch.«

Artikel vom 23.07.2005