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Bewährungsstrafe nach einem Fußtritt

Gericht verhängt gegen Herbert S. sechs Monate Gefängnis und 1 200 Euro Bußgeld


Löhne/Bad Oeynhausen (per). Ein Tritt vors Scheinbein ist Herbert S. (Name geändert) vor dem Amtsgericht Bad Oeynhausen gestern teuer zu stehen gekommen. Richterin Britta Kurhofer-Lloyd verurteilte den 71-jährigen Löhner wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer sechsmonatigen Bewährungsstrafe und verhängte zusätzlich 1 200 Euro Geldbuße.
Geahndet wurde damit ein Vorfall, der sich am 21. September vergangenen Jahres in einem Bad Oeynhausener Wohnhaus zugetragen hat. Dort traf Vermieter Herbert S. auf seinen Mieter Jens G. (Name geändert), der gerade im Begriff war auszuziehen. »Er hat mich plötzlich auf den Kopf geschlagen, mich übelst beschimpft und schließlich daran gehindert wegzufahren«, schilderte der 71-Jährige die Situation vor Gericht. Schließlich habe er sich nicht mehr anders zu helfen gewusst und Jens G. einen kräftigen Tritt vors Schienbein verpasst. »Es war Notwehr.«
Jens G. schilderte eine komplett andere Version. »Herr S. wurde bereits im Treppenhaus ausfallend und beleidigte mich auf das Heftigste. Vor der Tür ist er dann regelrecht ausgetickt. Irgendwann war das Maß voll, und ich bin ganz nah an ihn herangetreten und habe gesagt: ÝWeißt Du, was Du bist: Ein böser, alter MannÜ. Da hat er mir mit seinen Arbeitsschuhen vor das Knie getreten, das daraufhin dick angeschwollen ist«, sagte der 40-Jährige aus.
Warum er wegen der Verletzung nicht bei einem Arzt gewesen sei, wollte Richterin Kurhofer-Lloyd wissen. »Ich war zwei Tage zuvor operiert worden, weswegen ich sowieso in ärztlicher Behandlung war.« Die frische Operationsnarbe sei auch der Grund gewesen, warum ihm ein Bekannter beim Umzug behilflich gewesen sei. Dieser und auch eine weitere Zeugin, die am besagten Tag vor Ort war, bestätigten indes die Version von Jens G. zum Geschehensablauf.
Richterin und Staatsanwalt versuchten sogar noch, dem Angeklagten eine goldene Brücke zu bauen, und verständigten sich darauf, das Verfahren gegen Zahlung einer Geldstrafe in Höhe von 1 200 Euro einzustellen. »Ich will Gerechtigkeit. Die lügen doch alle durch die Bank. Darauf lasse ich mich nicht ein«, lehnte Herbert S. das Angebot empört ab.
Die Quittung erhielt er nur ein paar Minuten später. Richterin Kurhofer-Lloyd konnte »beim besten Willen« keine Notwehrsituation erkennen und schenkte den Aussagen der Zeugen Glauben. Sie verhängte die Mindeststrafe, die für eine gefährliche Körperverletzung sechs Monate Freiheitsstrafe vorsieht. Darüber hinaus muss Herbert S. 1 200 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen und trägt die Kosten des Verfahrens. Der 71-Jährige signalisierte jedoch, das Urteil nicht anzunehmen, und Berufung oder Revision einzulegen.

Artikel vom 20.07.2005