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Bilder mit der Orgel gemalt

Stefan Kagl brilliert mit englischen Kompositionen

Von Ruth Matthes
Herford (HK). Nach dem Auftakt des Orgelsommers mit Elgars Oratorium »König Olaf« widmete Münsterorganist Stefan Kagl nun am Sonntag auch sein Solokonzert vorwiegend englischen Komponisten und begeisterte damit die Gäste im bestens besuchten Münster.

Wie bereits sein Passauer Kollege Ludwig Ruckdeschel, begann Kagl das Konzert mit einem barocken Werk auf der Chororgel. Flink tänzelte er beim einleitenden Allegro des »Voluntarys« von John Stanley über die Tasten. Markante Unisono-Stellen, kontrastiert mit virtuosen Läufen, bestimmten das weitere Stück.
Als Hommage an Stanley hat Jean Langlais den Satz »Bells« (Glocken) aus den »drei charakteristischen Stücken« geschrieben. Kagl ließ in seiner Interpretation über einem dunklen Fundament hell die Glocken läuten, bevor sich der Satz harmonisch und dynamisch zu einem kraftvollen Ende hin verdichtete.
Ein Höhepunkt des Abends war die Toccata der »Plymouth Suite« von Percy Whitlock. Hier war der Organist in seinem Element, sowohl was seine atemberaubende Technik als auch die Gestaltung angeht. Aus einem rasanten Figurenwerk ließ er immer wieder hymnische und folkloristische Themen aufsteigen. Doch auch die vorangegangenen Sätze, die jeweils einen Freund Whitlocks charakterisierten, hatten ihren Reiz - vom resoluten über den zaghaften bis zum lustigen Typ.
Edward Elgar kam an diesem Abend auch wieder zu Wort. Seinem eingängigen »Salut d'Amour« folgte eine Bearbeitung des Triumphmarsches aus der Kantate »Caractacus«, bei der sich der Organist wiederum voll ausspielen konnte. Dafür hatte Elgar mit viel Sinn für effektvolle Klang- und Rhythmuswirkungen gesorgt.
Mit einem farbig registrierten, spätromantisch-impressionistisch Werk Eugene Reuchsels klang das Konzert aus. Die Zuhörer unternahmen mit Kagl »Spaziergänge durch die Provence«: von feinen, andächtigen Klängen auf dem Friedhof von Bormes-les-Mimosas, vorbei an exotisch intonierten Tamburinspielern zum Karthäuserkloster von Montrieux in der Dämmerung bis zu den sonnendurchfluteten Wolken am Cap Nègre. Hier gelang es Kagl mit der Orgel Schatten werfende Wolken ebenso treffend darzustellen wie den Durchbruch der Sonne.

Artikel vom 19.07.2005