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Irre Silber-Emotionen

Lilli Schwarzkopf mit drei Bestleistungen bei U 23-EM

Von Peter Klute
Paderborn (WV). Drei persönliche Bestleistungen und mit der neuen Gesamtbestmarke von 6196 Punkten zum zweiten Mal die WM-Norm geschafft: Mit Platz zwei bei den U 23-Europameisterschaften in Erfurt feierte Siebenkämpferin Lilli Schwarzkopf (21) vom LC Paderborn ihren bislang größten Erfolg (wir berichteten), den sie hier noch einmal Revue passieren lässt und auf die WM im August in Helsinki blickt.

100 Meter Hürden13,72 Sek. (13,75)Schon beim Warmmachen habe ich gemerkt: Das könnte ein guter Lauf werden. Ich fühlte mich frisch und heiß. Obwohl mir eine neue Bestleistung gelungen ist, hatte ich insgeheim auf eine noch bessere Zeit gehofft und es wäre im Nachhinein auch mehr drin gewesen. Beim Start hatte ich zwar eine gute Reaktionszeit, aber die Schritte danach bis zur ersten Hürde waren nicht optimal. Über die Hürden ging es dann wieder sehr gut.

Hochsprung1,77 Meter (1,82)Meine Bestleistung von 1,82 Meter habe ich erst im Mai in Götzis aufgestellt und mir war klar, dass ich diese Höhe erst noch stabilisieren muss. In Erfurt kam ich mit dem Anlauf und der Kurve nicht so zurecht und war froh, dass ich nicht mehr Punkte verloren habe.

Kugelstoßen13,21 Meter (13,95)Beim Einstoßen flog die Kugel um die 13,50 Meter weit und da dachte ich, das könnte heute gut gehen. Das war dann aber leider nicht der Fall. Im Endeffekt war ich aber zufrieden, dass es über 13 Meter waren, aber es musste eigentlich weiter sein.

200 Meter 25,87 Sek. (24,82)Ich hatte mir beim Kugelstoßen das Knie verdreht und starke Schmerzen. Ich konnte den Fuß nicht ausstrecken, das hat höllisch weh getan. Ich habe den Physiotherapeuten, der mir den Fuß am Abend wieder eingerenkt hat, zu spät gesehen, so dass ich einfach nur erleichtert war, dass ich durchgekommen bin. Schon beim Start hatte ich große Probleme, die anderen waren schon weg und ich kam einfach nicht raus aus dem Block. Ich war zunächst frustriert, aber nach der Behandlung war wieder alles okay und ich habe mir sofort vorgenommen, am nächsten Tag richtig anzugreifen und mich von Platz vier noch auf einen Medaillenrang zu verbessern.

Weitsprung 6,12 Meter (6,03)Meine eigentliche Wackeldisziplin war der Knackpunkt zu Silber. Für mich war dieser Auftakt des zweiten Tages enorm wichtig, das hat mir sehr viel Selbstbewusstsein gegeben. Ich hatte von Anfang an ein gutes Gefühl. Mit meiner zweiten persönlichen Bestleistung rückte ich schon auf Platz drei vor.

Speerwerfen50,21 Meter (49,02)Die 50 Meter sind beim Speerwerfen eine Schallgrenze, die ich bislang noch nicht überwinden konnte. In Erfurt war ich die einzige von allen Teilnehmerinnen, die über 50 Meter geworfen hat. Somit war ich nach dieser Disziplin Zweite im Gesamtfeld. Im ersten Versuch waren es 44, im zweiten 47 Meter. Das wären 300 Punkte weniger gewesen. Beim letzten Versuch hatte ich eigentlich kein gutes Gefühl, weil die Windverhältnisse äußerst schwierig waren. Es herrschte Rückenwind und da besteht die Gefahr, dass der Speer zwar sehr hoch, aber nicht weit fliegt. Als ich den Speer geworfen hatte, dachte ich, das könnte gefährlich werden, weil ich ihn sehr hoch angesetzt hatte. Doch genau in dem Moment kam eine Windböe von vorne. Das war mein Glück.

800 Meter2:11,94 Sek. (2:09)Meine Bestleistung konnte ich in diesem Jahr noch nicht erreichen und ich hatte mir vorher ausgerechnet, dass ich im Falle einer neuen Bestmarke durchaus noch Chancen gehabt hätte, die führende Holländerin Laurien Hoos von Platz eins zu verdrängen und Gold zu holen. Ich hatte bei einem Wettkampf im 800 Meter-Lauf ihr gegenüber schonmal 300 Punkte gutgemacht, doch sie hat sich verbessert. Ich bin meinen Lauf gelaufen und es hat eben nicht gereicht. Zuerst war ich etwas enttäuscht, aber bei der Ehrenrunde und der Siegerehrung war das schnell vergessen. Das waren irre Emotionen und ein ganz tolles Gefühl, in Deutschland von den eigenen Fans gefeiert zu werden.

WM-AusblickIch bin sehr glücklich über meine Silbermedaille bei der U 23-Europameisterschaft. Auf der einen Seite ist der Druck für Helsinki jetzt nicht mehr so groß, auf der anderen Seite möchte ich mehr. In Erfurt gab es in einigen Disziplinen noch Steigerungsmöglichkeiten, aber ich weiß, dass es keinen perfekten Siebenkampf gibt.

Artikel vom 18.07.2005