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Köstliches aus Brennnesseln

Änne Erichlandwehr liebt ihre heimische Spezialität

Verl-Kaunitz (fre). Wie bitte? Brennnesseln? Essen? »Ja klar«, meint Änne Erichlandwehraus Kaunitz, »das schmeckt wirklich gut. Wollen Sie mal probieren?« Wollen wir - und haben die quirlige 78-Jährige auf ihrem Hof am Fasanenweg besucht.

»Meine Mutter hatte Brennnesseln schon früh als etwas Gesundes entdeckt«, verrät Änne Erichlandwehr, die gebürtig aus dem Münsterland stammt. Als sie vor mehr als 50 Jahren nach Kaunitz gekommen sei, habe sie ihren garteneigenen Spinat jeweils verkauft und lieber auf »Brennnessel-Spinat« gesetzt. Warum sie den so nennt? »Na, weil es sich um Brennnesseln handelt, die ich aber wie Spinat zubereite.«
Dass das etwas ganz Leckeres ist, wissen auch ihre neun Kinder, von deren Leben sie gerne eine Anekdote zum Besten gibt: »Ich habe den Kindern spaßeshalber und öfter mal Spinat und meinen Brennnesselspinat aufgetischt. Doch es hieß immer: Nee, den Spinat mögen wir nicht so, dein Brennnesselspinat schmeckt uns viel besser.« Und dabei ist es auch geblieben.
Brennnesseln hätten einen hohen Eisengehalt, sagt Änne Erichlandwehr: »Meine Kinder hatten nie Eisenmangel.« Eine schonende und gesunde Zubereitung gewährleiste sie, indem sie nur junge Blätter sammle. »Außerdem wird nach dem Kochen das Wasser nicht weggeschüttet. So bleiben die Vitamine erhalten.«
Ihre grüne Spezialität, die zumeist als Beilage zum Einsatz kommt, kocht sie so: »Zunächst mit Handschuhen frische, junge Brennnesselblätter sammeln, für sechs Personen etwa einen Fünf-Liter-Eimer voll. Die Blätter abwaschen und mit ganz wenig Wasser und ohne Salz abkochen.« Zwei bis drei Minuten etwa, »bis die Blätter weiß werden«. Diese Masse dann mit einem Pürierstab zerkleinern. Nun etwas Butter in einen zweiten Topf geben, gehackte Zwiebelringe hinzufügen und eine Mehlschwitze herstellen. Anschließend die »Brennnesselmasse« dazugeben und mit Schlagsahne und eventuell etwas Milch auffüllen. Das Ganze schließlich mit Salz und Muskatnuss abschmecken und erst ganz zum Schluss etwas Maggi dazugeben. Wer mag, kann noch drei gekochte Eier (»früher habe ich Wachteleier genommen«) beigeben und das Ganze noch einmal kräftig umrühren - fertig.
»Mein Brennnessel-Spinat schmeckt ausgezeichnet zu deftigen Mahlzeiten, aber auch zu Fisch«, sagt Änne Erichlandwehr, die bei unserem Besuch Hähnchenbrustfilets brät und als Beilage Stampfkartoffeln mit goldbraun-gedünsteten Zwiebelringen serviert. In gemütlicher Runde bleibt nach einem leckeren Mahl vor allem dieser Eindruck: Dieses wilde Unkraut, das einem als Kind so oft arge Schmerzen zugefügt hatte, offenbart sich in Form des »Brennnessel-Spinats« als ungeahnt angenehme, cremig-milde heimische Spezialität.

Artikel vom 16.07.2005