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Von Michael Robrecht

Diese
Woche

Kurzer Wahlkampf


Nach dem Wahldebakel von Rot-Grün am 22. Mai in Nordrhein-Westfalen hat Bundeskanzler Gerhard Schröder die Flucht nach vorn angetreten und durch seine künstlich vorlorene Vertrauensabstimmung vorzeitige Neuwahlen im Bundestag durchgesetzt. Die SPD hat ihre letzte Karte gezogen. In einer dramatischen Geste macht sie aus ihrem Debakel in NRW das, wozu es allein noch taugte: den Auftakt zum vorgezogenen Bundestagswahlkampf. Nicht 16 lange Monate bis in den Herbst 2006 sollte diese Hängepartie dauern; Rot-Grün wollte eine schnelle Entscheidung, was die meisten Bürger im Kreis begrüßen. Schauen wir, ob Präsident und Verfassungsgericht da mitspielen.
Allen Unklarheiten zum Trotz haben sich die Parteien im Kreis Höxter inzwischen auf einen kurzen, heftigen Sommerwahlkampf eingestellt. Viele Veranstaltungen und Parteitage sind gelaufen oder stehen in Kürze an. Politprominenz wird gebucht, Flyer werden entworfen, Kandidatenprofile geschärft.
Was wir erleben werden, ist ein Kampf der Lager. Die SPD will trotz Defensive Regierungspartei bleiben, die Union ist siegessicher, die Grünen möchten zehn Prozent holen und die FDP neu ins Regierungsboot einsteigen. Eines steht fest: Diese Wahl ist überaus wichtig für ein Land, das keine Zeit zu verlieren hat und klare Verhältnisse braucht.
Im Jahr 2002 hat im Wahlkreis 137 Höxter-Lippe II (217 000 Wähler) der Istruper Jürgen Herrmann (42, CDU) das Direktmandat errungen. 47,2 % holte der Nachfolger von Meinolf Michels zwischen Warburg, Driburg und Detmold. SPD-Gegenkandidat Rainer Brinkmann landete auf Platz 2 mit 40,2 % der Erststimmen. An den FDP-Kandidaten gingen damals 6,0 %, an den Grünen 3,8% und an die PDS 0,8%. Bei den Zweitstimmen sah das Resultat vor drei Jahren so aus: CDU 44,2%, SPD 36,9%, FDP 8,6%, Grüne 6,7%, PDS 0,8%. Die Wahlbeteiligung lag im Wahlkreis bei 82,7% (2,7% weniger als 1998).
Jürgen Herrmann (CDU) tauschte 2002 die Uniform gegen den Anzug, den Dienstausweis als Polizeibeamter beim RP Detmold gegen den Ausweis des Bundestages. Anders als 2002 kennen den Istruper inzwischen große Teile der Wählerschaft. Ein Bonus. Rückenwind gibt es zudem durch den Bundestrend.
Sein Gegenkandidat wird Johannes Reineke (49) aus Nieheim sein. Der SPD-Kreisvorsitzende musste sich bei der Wahlkreiskonferenz gegen Monika Bösing (Detmold) durchsetzen. Weil er seit langem im Kreis Höxter politisch mitmischt, braucht er beim Bekanntwerden nicht bei Null anzufangen. Er steht auf dem wenig aussichtsreichen Platz 53 der SPD-Landesliste.
Für die FDP tritt diesmal der noch unbekannte 44-jährige Journalist Thomas Trappmann (44) aus Detmold (früher wohnhaft in Stahle) an. Für die Grünen will Herbert Falke (48), Pfarrer aus Bad Driburg, für Stimmen sorgen. Die Bad Driburgerin Martina Renger (42) geht für Familienpartei und ÖDP in den Wahlkampf. Beide Parteien haben eine Kooperationsvereinbarung für die Wahl getroffen. Für die Partei bibeltreuer Christen tritt Horst Pajewski aus Detmold an. Weitere Kandidaten - wie von der Linkspartei (Lafontaine/Gysi) - werden sicher in Kürze ihre Hüte in den Ring werfen.
Zwei Computer, Aktenordner, Broschüren und ein Schreibtisch: So unspektakulär sieht das »Kreiswahlamt«, so heißt das Büro im Volksmund, im Kreishaus in Höxter aus. Andreas Niggemeyer hält dort alle Fäden zur organisatorischen Vorbereitung der Bundestagswahl für die 117 000 Wähler in den zehn Städten in der Hand. Bis zum 15. August müssen sich die Kandidaten bei Niggemeyer melden - wenn der 18. September Wahltermin bleibt...
Dieser Wahlkampf wird kurz werden, die Themen sind klar; es bleibt zu hoffen, dass die kommende Wahlschlacht im Kreis Höxter wieder mit so großer Fairness und Sachlichkeit - wie zuletzt bei der NRW-Landtagswahl im Mai - geführt wird.

Artikel vom 16.07.2005