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Neue Lebensfreude für Hund »Luca«

Experte Ferdinand Nießen informiert in der Tierarzt-Praxis in Schloß Holte-Stukenbrock

Schloß Holte-Stukenbrock (WB). Statt mit anderen Hunden zu toben oder einem Ball nachzujagen, lag Luca lieber in ihrem Körbchen. Wenn sie ins Auto sprang, zog die junge, weiße Mischlingshündin ihr Hinterbein nach und jaulteƉ »Nicht immer ist eine Gelenkerkrankung bei einem Tier so offensichtlich«, sagt Tierärztin Dr. Marianne Nieder, »Tiere verstecken ihre Krankheiten, überspielen sie und zeigen oft erst dann, dass sie Schmerzen haben, wenn eine Krankheit weit fortgeschritten ist.«
Längst ist es üblich, besonders größere Hunde mit etwa einem Jahr röntgen zu lassen, um Gelenkerkrankungen frühzeitig erkennen zu können oder auszuschließen.
Lucas Röntgenbild zeigte eine eindeutige Diagnose: Hüftgelenksdysplasie - eine oft schmerzhafte Fehlbildung der Hüfte. Luca ist kein Einzelfall: Die Zahl der Hunde, die unter dieser Gelenkerkrankung leiden, ist gerade in den letzten Jahren rasant gestiegen. Und mit ihnen die Zahl der Hundehalter, die Hilfe für ihr Tier suchen. Doch auch Arthrosen der Gelenke und Verknöcherungen der Wirbelsäule zählen zu den Gelenkerkrankungen, die die Lebens- und Bewegungsfreude der Tiere einschränken und Schmerzen verursachen.
In der Tierärztlichen Praxis in Schloß Holte-Stukenbrock trafen sich am Samstag auf Einladung von Dr. Marianne Nieder zehn Tierärzte aus der Region, um sich über eine Behandlungsmethode zu informieren, die die Schulmedizin ergänzt und seit einigen Jahren bei Erkrankungen der Gelenke hervorragende Erfolge erzielt hat - die Goldakupunktur oder Golddrahtimplantation. Der Referent, Ferdinand Nießen, Tierarzt aus Düsseldorf, gehört zu den ersten Veterinären, die diese Methode erfolgreich anwandten und vielen Hunden, Katzen und Pferden helfen konnten.
Unter einer leichten Betäubung werden mit einer Hohlnadel Golddrahtstückchen in der Muskulatur oder an den Knochen platziert. Schnitte und Nähte sind in fast allen Fällen überflüssig. Eine spezielle Art der Akupunktur - eine Akupunktur auf Dauer, die dem Tier die Schmerzen nimmt und Lebensqualität zurück gibt. Gleichzeitig wird der Stoffwechsel des Gelenks positiv beeinflusst.
»Bei Luca standen wir seinerzeit vor der Entscheidung, in zwei großen Operationen neue Hüften einzusetzen oder die Muskeln zu durchtrennen«, erinnert sich Dr. Nieder. Das Röntgenbild der erst einjährigen Mischlingshündin zeigte eine ausgeprägte Hüftgelenksdysplasie - in beiden Gelenken hatten sich bereits Arthrosen gebildet. »Dass dieses Tier Schmerzen hatte, war unübersehbar.«
Gemeinsam mit der Familie, der die Hündin gehört, erörterte die Tierärztin die medizinischen Möglichkeiten. »Wir waren uns einig, dass dem Tier geholfen werden muss.« Luca wurde damals nach der Methode der Goldakupunktur behandelt. Seinerzeit noch ein Versuch. Und: ein kleiner Eingriff mit großer Wirkung. »Schon wenige Wochen nach der Behandlung zeigte sich die Hündin völlig verändert: Sie konnte gar nicht genug Bewegung bekommen.«
Einer von vielen Fällen, die Dr. Nieder und ihr Team erlebt haben. »Die Fallbeispiele haben uns überzeugt. Es gibt Erkrankungen, da stößt die Schulmedizin an ihre Grenzen - Spondylose, eine Verknöcherung der Wirbelsäule zum Beispiel.« Auch hier kann die Goldakupunktur helfen.
Sie gehört nicht zu den Methoden, die an Tierärztlichen Hoch-schulen oder Universitäten gelehrt werden. »Um diese Methode erfolgreich anwenden zu können, muss man eine Zusatzausbildung absolvieren«, erklärt die Tierärztin. Ferdinand Nießen hat sich in vielen Seminaren, Symposien und Veranstaltungen aus- und weiterbilden lassen, und er war einer der ersten Tierärzte, die diese Methode in NRW etablierten.
Inzwischen arbeitet er eng mit Dr. Nieder zusammen, kommt regelmäßig in die Praxis nach Schloß Holte, um Tiere zu behandeln. »Die Erfolge, die wir sehen, zeigen uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind«, sagt Dr. Nieder.
In der Praxis gibt es ein Faltblatt, das für Laien verständlich über Möglichkeiten und Grenzen bei Gelenkerkrankungen und »Goldakupunktur« aufklärt. Die Broschüre soll und kann das Gespräch mit dem Tierarzt nicht ersetzen, »aber viele Tierhalter wissen nicht, dass es Goldakupunktur überhaupt gibt.« So wie Lucas Familie damals.
Die weiße Mischlingshündin ist inzwischen fünf Jahre alt - ihre Besitzer sind damals fast 200 Kilometer gefahren, um ihr Tier nach dieser Methode behandeln zu lassen. Heute müssten sie keine so lange Reise auf sich nehmen. »Aber wer Luca, ihre Spiel- und Bewegungsfreude erlebt, der sieht, dass es sich gelohnt hat«, sagt Dr. Nieder.

Artikel vom 14.07.2005