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Geschichte - ganz à la carte

Kulinarische Stadtführungen geplant - Tag des offenen Denkmals

Von Judith Frerick
Harsewinkel (WB). Ideen gibt es viele, Wahrzeichen auch. Und nur eine Dame ist abgesprungen. Die besten Voraussetzungen also, um mit den zwölf übrigen Neu-Stadtführer und Archivar Eckhard Möller an Konzepten für Stadtführungen der etwas anderen Art zu feilen. Ein außergewöhnlicher Einfall: der kulinarische Rundgang durch Harsewinkel, der wahrscheinlich erstmals im Herbst angeboten werden soll.

»Seit der Zertifikatsübergabe im März treffen wir uns einmal im Monat, um Ideen zu entwickelt«, erklärt Eckhard Möller im Gespräch mit dem WESTFALEN-BLATT. Bei der letzten Zusammenkunft wurde die Idee mit der Schlemmer-Stadtführung geboren. So etwas gibt es weit und breit noch nicht. »Ich habe zumindest noch nicht davon gehört«, sagt Stadtführerin Barbara Ketteler. Zusammen mit dem Stadtarchivar erklärt sie, wie das Ganze ablaufen soll: Der Aperitif wird im ersten Restaurant eingenommen, wo die Teilnehmer wie an jeder anderen Station mehr über die Geschichte des Gastronomiebetriebs erfahren. In der zweiten Gaststätte folgt die Vorspeise, in der dritten das Hauptgericht, in der vierten das Dessert und in der sechsten der »Schlürschluck«.
»Alles andere ist noch zu vage, um darüber zu sprechen«, betont Eckhard Möller, der aber dennoch weitere mögliche Touren anreißt: Pättkesfahrten zu den Bildstöcken etwa oder naturkundliche Exkursionen zum Hühnermoor oder anderen Stationen. Barbara Ketteler könnte sich vorstellen, speziell Führungen für Kinder anzubieten - und zwar im Rahmen der Randstundenbetreuung. »Wir sind offen für alles«, meint der Stadtarchivar, während Stadtführerin Trude Fredriksen schon historisch wertvolle Punkte der Stadt Harsewinkel aufgelistet hat - darunter das Heimathaus, das alte »Bett« des Abrooksbachs, die St. Lucia-Kirche, das Franziskanerhaus, die Speicherhäuser, der Jüdische Friedhof, die Claas-Villa, der Spökenkieker oder das Mahnmal. Alle Stadtführer haben diese Liste mit nach Hause genommen, um sich nun speziell auf eine Station vorzubereiten.
Einige Stadtführer haben bereits Führungen in der Marienfelder Abteikirche übernommen. Erstmals gemeinsam präsentiert sich die zwölfköpfige Gruppe am Tag des offenen Denkmals am 11. September. Das von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz vorgegebene Thema lautet in diesem Jahr »Krieg und Frieden«. »Da können wir natürlich vieles machen. Auch in Harsewinkel gibt es viele Relikte, die an den Krieg und das Kriegsende erinnern«, weiß Eckhard Möller. So viel steht schon fest: Geradelt wird die Route von Marienfeld bis Greffen. Start ist um 12 Uhr im Klosterdorf mit einer ökumenischen Einführung in der Abteikirche. Die Bürgermeisterin und Pater Gottfried werden einen kurzen Überblick geben, dann geht es weiter zum Marienfelder Friedhof, wo zwei polnische Gräber besucht werden. Hier wird Stadtführerin Monika Kuhnke maximal vier Minuten referieren. Das Ehrenmal in Marienfeld ist die nächste Station, über die Barbara Ketteler mehr zu berichten weiß.
Die Gruppe radelt weiter zum alten Rollfeld des Flughafens. Hier soll der Flugzeugabstürze gedacht werden. »1943 ist ein beschossenes Flugzeug mit britischer Besatzung gegenüber vom Emstalstadion abgestürzt. Von den sieben Insassen hat nur einer überlebt. Er ist mit einem Fallschirm in einem Baum hängen geblieben und wurde damals von Theodor Haase aus dieser misslichen Situation befreit. Zuerst ging es zum Amt und dann direkt ins Gefängnis«, betont Historiker Möller, der vor zwei Jahren noch einmal von dem Briten per E-Mail gehört hat. »Ich habe ihm noch weitere Informationen zukommen lassen. Kurz danach ist der einzige Überlebende des Flugzeugabsturzes gestorben. Ganz offensichtlich fühlte er, dass sein Ende naht, und wollte dieses Kapitel für sich abschließen«, vermutet der Stadtarchivar, der auch das weitere Programm des Tags des offenen Denkmals kennt: Bernhard Kruk spricht über den Jüdischen Friedhof, während Möller selbst zum Harsewinkeler Ehrenmal referiert.
Nach einer Pause am Rathaus wird ein Bildstock zwischen Harsewinkel und Greffen angesteuert, wo zweier Kriegsgefangenen aus dem Ersten Weltkrieg gedacht wird. Mehr über diese beiden Heimkehrer weiß Helmut Buchmann zu berichten. Agnes Pelkmann spricht anschließend am Greffener Kriegerehrenmal. Den Abschluss macht Heinrich de Byl auf dem Friedhof für sowjetische Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter.

Artikel vom 13.07.2005