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Mehr als nur ein
»private Hero«

Leoluca Orlando im MARTa-Forum

Von Peter Schelberg
Herford (pjs). Er ist einer der »privaten« Helden von Jan Hoet. Dass viele Ostwestfalen die persönliche Bewertung des Herforder Museumschefs teilen, zeigte der minutenlange Beifall für Leoluca Orlando am Dienstagabend. Im MARTa-Forum hielt der Ex-Oberbürgermeister von Palermo vor 260 Zuhörern einen beeindruckenden Vortrag über sein Leben und den Kampf gegen die sizilianische Mafia.

Orlando hat Mafia-Bosse hinter Gitter gebracht, der Korruption den Kampf angesagt und eine Gesellschaft zur Erneuerung Siziliens gegründet. Dabei habe auch er Wurzeln in jener Stadt, die als Geburtsort vieler Mafia-Größen traurige Berühmtheit erlangte, erzählte der Jurist: »Mein Vorname ist Leoluca, und Leoluca ist der Schutzpatron von Corleone. Mein Großvater wurde dort geboren.« Schon in jungen Jahren entdeckte Orlando einen großen Widerspruch: »Auf Sizilien wurde das Wort Mafia nicht benutzt. Aber die Welt kannte Sizilien vor allem wegen der Mafia. Und dagegen kämpfe ich bis heute.«
Die entscheidende Frage, die sein Leben veränderte, stellte ihm eine junge Sizilianerin: »Was tust du gegen die Mafia?« Milli, die damalige Studentin, ist jetzt seit über 30 Jahren seine Ehefrau - und lässt nicht locker: »Ich werde kontrolliert. Wenn ich nach Hause komme, wird sie mich fragen: Was hast Du in Herford gegen die Mafia getan?«, verriet Orlando augenzwinkernd.
Die Mafia pervertiere die Kultur ebenso wie Identität und positive Werte: »Mafiosi ermorden im Namen von Ehre, Familie und Freunden.« Um ihr kriminelles Handwerk betreiben zu können, brauche die »ehrenwerte Gesellschaft« vor allem eines: »Menschen, die nichts sehen, nichts hören, nichts sagen«. Als Oberbürgermeister gelang es dem unerschrockenen Orlando, die Herrschaft der Mafia in Palermo zu brechen. Und zu überleben - während Juristen wie Giovanni Falcone und Paolo Borsellino Mordanschlägen zum Opfer fielen. Sein Überleben verdanke er dem Einsatz mutiger Frauen und Mütter, die gegen die Mafia auf die Straße gingen und Zivilcourage zeigten, stellte Orlando klar. Von der Straße habe sich die Mafia zurückgezogen, sie mische jetzt im internationalen Finanzgewerbe mit. Und da geht die Vision des Sizilianers weiter: »Es wäre schön, wenn die Frauen und Kinder in Palermo und die Banker in Frankfurt denselben Traum hätten...«

Artikel vom 14.07.2005