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Kultur der Illegalität bekämpft

Vortragsabend mit Mafia-Gegner Leoluca Orlando im MARTa

Herford (pjs). Woher der Gast anreiste, blieb bis zuletzt ein Geheimnis: Geschützt von fünf Sicherheitsbeamten in Zivil und zwei Bodyguards, stieg Leoluca Orlando, Ex-Oberbürgermeister von Palermo und prominenter Mafia-Gegner, gestern Nachmittag am MARTa aus seiner gepanzerten Limousine.

Drei Flüge hatte der Autor des Bestsellers »Der sizilianische Karren« hinter sich: Von Palermo über Rom und Frankfurt nach Hannover, von dort aus im Mercedes mit Begleitschutz im Eiltempo über die A2 nach Herford. Hier erwarteten ihn bereits Museumsdirektor Jan Hoet, ein ZDF-Team und weitere Journalisten zur Pressekonferenz. Der Bürgerrechtler aus der einstigen Hochburg des organisierten Verbrechens spricht heute abend um 20 Uhr im MARTa über sein Leben und den Kampf gegen die sizilianische Mafia.
»Es ist eine große Ehre, hier zu sein - ich gratuliere Ihnen zu diesem Museum«, betonte der 48-jährige Jurist, der seit der Studienzeit in Heidelberg ausgezeichnet Deutsch spricht. Sein Mut, sein Kampf gegen die Kultur der Illegalität und sein Ziel, die Lebensverhältnisse in seiner sizilianischen Heimat zum Positiven zu verändern, waren es, die Jan Hoet veranlassten, Orlando als einen seiner »(private) Heroes« anzusehen. 1992 scheiterten erste Versuche, den Mafia-Gegner 1992 auf die Kasseler »documenta« einzuladen - zu brisant, hieß es damals angesichts permanenter Morddrohungen bei den Sicherheitsbehörden. »Eine sehr schwierige Zeit«, bestätigte Leoluca Orlando, der als Oberbürgermeister Palermos aus Sicherheitsgründen zwei Jahre abgeschottet in einer Kaserne »wohnen« und fast völlig auf Familie und Privatleben verzichten musste. Mit dem Besuch des Buchautors im MARTa-Museum geht nun ein lang gehegter Wunsch Jan Hoets in Erfüllung.
Als »Hero«, als Held, sieht sich Orlando allerdings nicht: »Ich bin nur eine Postkarte, die meine Landsleute verschicken konnten - als Gruß, um deutlich zu machen: nicht alle Sizilianer sind Mafiosi.« Helden sind für ihn »die Frauen und Kinder in Palermo, die gesagt haben »basta«, jetzt reicht es - und sich der Mafia mutig entgegen gestellt haben«.(Politik)

Artikel vom 12.07.2005