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»Die Kinder haben stark profitiert«

Grundschule Oesterweg zieht positive Bilanz des ersten Jahres mit der Flexiblen Eingangsstufe

Von Stefanie Hennigs
Versmold (WB). »Die Kleinen haben stark profitiert. Und egal ob leistungsschwach oder leistungsstark: Jedes Kind kam auf seine Kosten und hat seinen Fähigkeiten gemäß lernen können.« Rundum zufrieden ist Sabine Lange von der Grundschule Oesterweg mit der »Flexiblen Eingangsstufe«. Im Gespräch mit dem VERSMOLDER ANZEIGER blicken die Lehrerinnen auf das erste Jahr zurück.

Frontalunterricht, Sätze wie »Wir schlagen jetzt alle das Buch auf Seite 18 auf!«, die Aufteilung in erste und zweite Klassen - das, was die meisten Eltern noch aus ihrer eigenen Schulzeit kennen, ist in Oesterweg längst passé. Schüler der ersten und zweiten Klasse werden zusammen unterrichtet, können diese »Flexible Eingangsstufe« in ein, zwei oder drei Schuljahren durchlaufen. Das neue Konzept läuft in Versmold bislang in Oesterweg und in Peckeloh. Hat sich dieser gemeinsame Unterricht ausgewirkt? »Auf jeden Fall«, sagt Sabine Lange. »Die Kleinen haben stark von dem Miteinander profitiert -Êund die Großen auch.« Positiv aufgefallen sind den Lehrerinnen auch die lernschwachen Kinder. »Sie haben durch den gemeinsamen Unterricht mit den Erstklässlern erlebt, dass sie nicht die allerschwächsten Kinder im Klassenverband waren -Êund dass sie den Kleinen sogar helfen konnten.« Erfahrungen, die bei vielen positive Folgen hatten: »Viele sind selbstbewusster und besser geworden.« Auch die leistungsstarken Kinder hätten ihren Fähigkeiten entsprechend »Lernfutter« bekommen: »Früher bremste man, bis auch das letzte Kind den Unterrichtsstoff gelernt hatte.« Jetzt kämen alle Schüler auf ihre Kosten.
»Die Schwächeren fanden es toll, dass sie plötzlich helfen konnten. Und während sie es den Jüngeren erklärten, haben sie den Lernstoff gleichzeitig wiederholt«, berichtet auch Klassenlehrerin Sabine Petermann. »Sie sind gar nicht erst in die Position der Lernschwachen gekommen«, ergänzt Wera Buxel-Schöwerling. »Und die neuen Kinder können jetzt zum Schuljahresende durchweg mehr.« Für die Kleinen sei der Schulstart leichter: »Sie können sich viel von den Großen abgucken - auch relativ banale Dinge, die sonst viel Zeit gekostet haben.« Als Beispiel nennt ihre Kollegin Sabine Petermann das Aufschreiben der Hausaufgaben: »Sonst habe ich eine Schulstunde gebraucht, bis jeder seine Hausaufgaben das erste Mal richtig notiert hatte. Am zweiten Schultag hatten sogar alle Kinder ihre Hausaufgaben schon draußen liegen, ganz ohne Aufforderung!«
In diesem Schuljahr hat sich gezeigt, dass die meisten Kinder die Eingangsstufe auch zwei Jahre besuchen. Ein Kind kommt jetzt bereits nach einem Jahr in die dritte Klasse, zwei werden ein drittes Jahr bleiben. Kritische Stimmen gebe es nach wie vor, berichtet Wera Buxel-Schöwerling. »Auch wir haben in diesem einen Jahr dazugelernt. Von uns erfordert die Flexible Eingangsstufe einen Umdenkungsprozess -Ê und von den Eltern auch. Denn wir haben alle selbst einen anderen Unterricht kennengelernt.« Doch die Eltern, die das Angebot der Schule genutzt und den Unterricht besucht haben, seien überzeugt gewesen, berichtet Sabine Petermann: »Die Skeptiker sind herzlich eingeladen zu kommen.«
Auch der Umgang unter den Schülern hat sich verbessert. Es gebe mehr Miteinander, die Positionskämpfe in der Klasse seien ausgeblieben, blickt Wera Buxel-Schöwerling zurück.
Im kommenden Schuljahr werden in Oesterweg 48 Kinder in die Flexible Eingangsstufe eingeschult, deutlich mehr als zuletzt. Auch wenn politisch in Düsseldorf momentan noch vieles nicht endgültig geklärt ist: »Es ist klar, dass wir so weiterarbeiten werden«, sagt Sabine Petermann. Gespannt ist das Kollegium auf jeden Fall: Auf die neuen Kinder -Êund wie sich der erste neue Jahrgang in der Flexiblen Eingangsstufe weiter entwickeln wird.

Artikel vom 12.07.2005