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Orlando - Held aus Sizilien

Jan Hoet präsentiert noch ein persönliches Vorbild

Von Reinhard Brockmann
Herford (WB). Jan Hoet nennt ihn »My private Hero« und Leoluca Orlando, ganz Sizilianer, gibt des Kompliment weiter an die Frauen und Mütter Siziliens.
Leoluca Orlando in Herford. Für MARTa-Chef Jan Hoet ist er »My private Hero«. Foto: Hannemann
Als Oberbürgermeister von Palermo hat er den Kampf mit der Mafia bestanden - und überlebt. Er hat die Kultur zur Waffe gegen den Missbrauch von Ehre und Familie durch die Mafia gemacht, obwohl er wusste: »Ich sollte der nächste sein.«
1992 war das Schicksalsjahr von Orlando, als seine Mitstreiter Giovanni Falcone und Paolo Borsellino inmitten ihrer Leibwächter Anschlägen zum Opfer fielen. Damals standen die Sizilianer auf, stellten sich vor die letzten überlebenden Mafia-Jäger Orlando und Carla del Ponte. Sie bildeten Bürgerketten gegen die heimliche Herrschaft der Mafia, die bis dahin intern als »unsere Sache/cosa nostra« betrachtet wurde.
Öffentlichkeit und die Absicht, die Verhältnisse in einer Gesellschaft zu ändern, das imponiert den Herforder MARTa-Chef Hoet schon lange. Bereits für »seine« Documenta, 2002 in Kassel, wollte er den Sizilianer gewinnen. Das blieb ihm verwehrt, Sicherheitsgründe ließen einen öffentlichen Auftritt des Mannes, der jahrelang in Kasernen lebte und das Aufwachsen seiner Kinder nur aus der Ferne sah, nicht zu.
Die alte Mafia ist besiegt, die neue auf dem Vormarsch. Deja vu? Auch deshalb tritt Orlando nach der verfassungsgemäßen Auszeit erneut an, die Regionalpolitik in Sizilien zu verändern. Der Noch-Oppositionsführer hat heute in Herford sozusagen seinen letzten öffentlichen Auftritt, bevor er wieder in die Cordon sanitaire aus Leibwächtern und verdunkelten Scheiben eintaucht, die es immer noch braucht, wenn einer der neuen Mafia den Finanzhahn abdrehen will.
Nicht Berlusconi sei die neue Mafia, schränkt er vorgreifende Journalistenfragen ein, aber signalisiert, dass Abstand wie Anstand gering geworden sind. »Die neue Mafia braucht Regierungen wie die Berlusconis«, sagt Orlando und geißelt Egoismus wie Perversion der Freiheit und Menschenrechte als Ausdruck neuer Unkultur.

Artikel vom 12.07.2005