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Zahnstocher wird zum Verhängnis

Sonderkommission nimmt Serieneinbrecher in Dortmund fest


Von Manfred Schraven
Gütersloh/Paderborn (WV). Die Idee ist einfach wie erfolgreich: Ein auch in Gütersloh tätiger Serieneinbrecher nutzte - quasi als »Schmiere« - einen Zahnstocher. Der wurde ihm schließlich aber auch zum Verhängnis. Jetzt sitzt er in U-Haft.
Auf seinen Beutezügen hatte der 44-jährige gebürtige Serbe regelmäßig einen Zahnstocher in den Zylinderschlössern der Haus- und Wohnungstüren abgebrochen, bevor er von hinten über Terrassen und durch Fenster in die Räume einbrach. Kamen die Bewohner für ihn unerwartet zurück, waren sie lautstark und solange mit der Tür beschäftigt, dass er gewarnt in aller Ruhe flüchten konnten. Das ging solange gut, bis Beamte der Paderborner Ermittlungsgruppe »Zahnstocher« zugriffen. Dabei half auch Zufall: Der Erfolg ist nämlich einem aufmerksamen jungen Zeugen zu verdanken, der einen verdächtigen Mercedes mit Dortmunder Kennzeichen in Delbrück-Steinhorst beobachtete und das der Polizei meldete.
Als die Paderborner SOKO im Dezember ihre Ermittlung aufnahm, haben die Beamten nicht im entferntesten daran gedacht, welch »dicker Fisch« ihnen ins Netz gehen sollte. Mit Unterstützung einer Spezialeinheit schlugen die Beamten Mitte April in Dortmund zu. Dort hatte der Berufsverbrecher drei konspirative Wohnungen angemietet. In einer wurde der 44-Jährige und seine 32-jährige Komplizin, eine Russlanddeutsche, festgenommen. Es konnten etwa 250 Beutestücke und 35 000 Euro in bar sichergestellt werden.
Bei der Durchsuchung fanden die Beamten außerdem Plastiksprengstoff und eine Waffe. Der durch den jungen Delbrücker erkannte Mercedes, Typ E-Klasse, wurde beschlagnahmt. Innerhalb von zwei Jahren hatte der arbeitslose Kellner mehr als 200 000 Kilometer mit dem bar bezahlten Fahrzeug zurückgelegt: die Beutetour. Anhand der bislang ermittelten Spuren dürfte der Tatverdächtige, der seit 1997 eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung hat, für mindestens 150 Einbrüche im gesamten Bundesgebiet verantwortlich sein, davon innerhalb eines halben Jahres allein acht in Gütersloh. Die Spur führt durch Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und Bayern. Dabei habe er eine Beute im Wert von mehr als 330 000 Euro gemacht, erklärten die beiden Ermittler Ralf Jungblut und Stephan Binder gestern im Rahmen einer Pressekonferenz.
Acht dicke Aktenordner auf dem Tisch lassen erahnen, wie umfangreich und arbeitsintensiv die Ermittlungen waren. Wie ein roter Faden zieht sich dabei das »Markenzeichen«, der Zahnstocher, durch die Akten.
Der DNA-Vergleich ist hier der »Königsbeweis« - neben den sichergestellten Beutestücken wie Schmuck, Uhren (darunter eine Rolex, die schon 1995 in Düsseldorf gestohlen wurde), Pelzmäntel und Laptops. Viele Beutestücke konnten laut Polizei noch nicht zugeordnete werden. Fotos vom Diebesgut sind im Internet eingestellt.

Artikel vom 08.07.2005