08.07.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Sexueller Missbrauch war
hier nicht zu beweisen

Angeklagter freigesprochen - Aussagen widersprüchlich

Herford/ Löhne (cl). Schwerer sexueller Missbrauch an einem 13-jährigen Mädchen wurde dem 24-jährigen Björn M. (Name geändert) beim Jugendschöffengericht an zwei Verhandlungstagen vorgeworfen. Das Verbrechen soll am Nachmittag des 7. Januar in Löhne stattgefunden haben. Am Donnerstag wurde der Angeklagte, der von Rechtsanwalt Achim Depenbrock verteidigt wurde, auf Kosten der Landeskasse freigesprochen.

Und dies, »obwohl ein fader Beigeschmack bleibt«, so Staatsanwalt Christoph Zielke. Die Begründung für diese Entscheidung: »Die Zeugin Olivia K. hat vor Gericht nur Unfug erzählt. Ihr sollte einmal ordentlich der Kopf gewaschen werden, damit sie sorgsamer mit der Wahrheit umgeht«, hielt ihr der Anklagevertreter vor. Er ergänzte: »Du hast Glück, dass du erst in zwei Wochen 14 Jahre alt und strafmündig wirst.«
Für den Angeklagten war das Verfahren mit der Aussicht auf eine mehrjährige Gefängnisstrafe natürlich eine ziemliche Belastung. Er sollte sich allerdings überlegen, ob Kontakte und SMS mit deutlich sexuell gefärbten Inhalten mit diversen Kindern altersangemessen für ihn sind.
Olivia K. hatte bei der Polizei zwei verschiedene Versionen zum Besten gegeben, beim Vater eine wiederum andere als bei der Mutter (die Eltern sind geschieden und das Mädchen pendelt zwischen ihnen). Plötzlich war von zwei Tagebüchern die Rede, eines habe sie mit ihrer Freundin nur aus Jux gefälscht, um ihren Vater aufs Glatteis zu führen, den sie in Verdacht hatte, ihre Aufzeichnungen zu lesen. Die Freundin bestritt dies entschieden. »Wird dir nicht langsam schwindelig?«, fragte der Vorsitzende Richter Dieter Bollhorst das Mädchen.
Staatsanwalt Zielke stieß nach: »Du besuchst doch das Gymnasium, so dumm kannst du doch gar nicht sein, dass du hier pausenlos andere Stories erzählst.« Das Urteil wurde auch mit dem »Lügengebäude« begründet, in das sich das Mädchen verstrickt hatte, das immerhin zugab, das Interesse an Kontakten sei durchaus mehr von ihr ausgegangen. Sie erklärte ihre diversen Wendungen so: »Das habe ich von meinem Vater, der denkt auch immer um drei Ecken herum.«

Artikel vom 08.07.2005