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Mietrecht: Streit vermeidbar

Vertragsbeziehungen zwischen Mieter und Vermieter »unter der Lupe«

Von Dipl. iur. Martina Götze

Gilt ein mündlicher Mietvertrag? Was gehört zur Wohnfläche? Wie werden die Betriebskosten verteilt? Endet das Mietverhältnis mit dem Tod des Mieters oder bei Verkauf des Hauses? Kaum etwas bietet soviel Anlass für Unsicherheiten und Streit wie die vertragliche Beziehung zwischen Vermieter und Mieter.
Zu den häufigsten Fragen gehören die folgenden:
Kein schriftlicher Vertrag - Kein Mietverhältnis?
Ein Mietvertrag muss grundsätzlich nicht schriftlich geschlossen werden, es sei denn, dass er sich verbindlich auf eine Mietzeit von mehr als einem Jahr bezieht (vgl. § 550 BGB).
Auch ohne schriftlichen Vertrag sind die Parteien gehalten, die ihnen nach dem Gesetz obliegenden Pflichten zu erfüllen. Insbesondere umfasst dies die Mietzahlungspflicht auf Seiten des Mieters und die Instandhaltungspflicht auf Seiten des Vermieters. Auch die Regelungen des Kündigungsschutzes und die Kündigungsfristen sind einzuhalten. Zum Zwecke der Streitvermeidung und der besseren Beweisbarkeit empfiehlt sich jedoch für beide Parteien, den Mietvertrag schriftlich und so genau wie irgend möglich abzufassen.
Balkon und Terrasse als Wohnfläche?
Bei der Berechnung der Wohnfläche sind Balkone, Dachgärten und Terrassen gemäß § 4 Nr. 4 der Wohnflächenverordnung in der Regel mit einem Viertel, höchstens jedoch mit der Hälfte ihrer Grundfläche, anzurechnen. Eine Anrechnung zu 50 Prozent kommt dann in Betracht, wenn es sich aus objektiver Sicht um einen besonders »wertvollen« Raum handelt, der z.B. über Sichtschutz-vorrichtungen, eine elegant Bauweise, eine speziellen Bodenbelag, eine Überdachung oder Markise bzw. über einen Blick ins Grüne verfügt.
Wie werden Dachschrägen berechnet?
Grundsätzlich gilt, dass die Grundflächen von sämtlichen Räumen und Raumteilen, die eine Höhe von 2 m oder mehr aufweisen, zu 100 Prozent als Wohnfläche anzurechnen sind (§ 4 Nr. 2 WoFlV).Soweit die Räume oder Raumteile lediglich eine Höhe von bis zu 2 m, jedoch mindestens 1 m Höhe aufweisen, kann die Fläche nur zu 50 Prozent angerechnet werden (§ 4 Nr. 2 WoFlV). Räume mit Dachschrägen sollten daher unter Verwendung eines Ein- und Zwei-Meter-Lotes (z.B. aus Gardinenblei) sowie eines Zollstocks genau vermessen werden.
Grundsteuer und Versicherungen zahlt doch der Vermieter?
Entgegen der Meinung vieler Mieter gehören auch die Grundsteuer und die Haus- und Grundstücksversicherungen (Gebäudeversicherung, Glasversicherung, Haftpflichtversicherung sowie die Versicherung für Öltank und Fahrstuhl) zu den umlagefähigen Betriebskosten. Eine Umlage ist jedoch nur dann möglich, wenn dies im Mietvertrag so vereinbart wurde.
Verteilung der Wasser- und Abwasserkosten nach Personen?
Häufig gibt es Streit über die gerechte Verteilung der Nebenkosten, insbesondere über die Frisch- und Schmutzwasserkosten. Haben die Parteien im Mietvertrag keinen Verteilungsschlüssel (Verbrauch, Personen, Haushalte, Wohnfläche) vereinbart, so ist zu unterscheiden zwischen Mietverträgen, die vor dem 1. September 2001 (Mietrechtsreform) und denjenigen, die erst danach geschlossen wurden. Für »Alt-Mietverträge« gilt, dass der Vermieter einen angemessenen Verteilungsschlüssel auswählen durfte, ihn aber auch beibehalten muss. Bei »Neu-Mietverträgen« gilt grundsätzlich der Wohnflächen-Verteilungsschlüssel, wenn nichts anderes vereinbart ist und keine Verbrauchszähler vorhanden sind (§ 556 a BGB). Der Personenschlüssel bedarf, obwohl im Einzelfall möglicherweise gerechter, besonderer Vereinbarung im Mietvertrag.
»Bei Mängeln zahl ich gar nicht!«
Ist das Mietobjekt mangelhaft, darf der Mieter nach seiner Mängelanzeige die Miete angemessen kürzen, solange der Mangel vorliegt. Meist sind sich Vermieter und Mieter jedoch weder über die Schadensursache noch über die Höhe des angemessenen Minderungsbetrages einig.
Mindert der Mieter dann »ins Blaue hinein« einen objektiv überzogenen Betrag oder zahlt gar keine Miete mehr, ist dies sehr riskant. Steht nämlich der Minderungsbetrag in einem eklatanten Missverhältnis zur tatsächlich gerechtfertigten Minderung und erreicht der Gesamtrückstand zwei Monatsmieten, droht ihm die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzuges. Außerdem hat der Vermieter nach neuerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Möglichkeit, seine die ihm nach dem Mietvertrag zustehenden Beträge im vereinfachten und schnelleren Urkundenprozess geltend zu machen (BGH Urteil vom 1.6.2005 VIII ZR 216/04) Mängeleinreden des Mieters sind hier nicht zulässig, sondern können erst später im sog. Nachverfahren geltend erhoben werden.
Zuzug des Lebenspartners erlaubt?
Mieter einer Wohnung bedürfen der Erlaubnis des Vermieters, wenn sie ihren Lebensgefährten (egal, ob gleich- oder gegengeschlechtlich) in die Wohnung aufnehmen wollen (so z.B. BGH, Urteil vom 5.11.2003 Az. VIII ZR 371/02). Nach Bekanntgabe der persönlichen Daten des Lebensgefährten kann der Vermieter die Erlaubnis nach § 553 Abs. 1 S. 2 BGB nur in Ausnahmefällen versagen, wenn die Mitbenutzung der Wohnung durch eine weitere Person für ihn, etwa wegen Überbelegung der Wohnung, unzumutbar ist.
Grillen auf dem Balkon als »Grundrecht«?
Weit verbreitet unter Mietern ist der Irrglaube, das Grillen auf Balkon und Terrasse sei ohne Einschränkungen erlaubt. Grundsätzlich kann eine Mieter seinen Balkon nach Belieben nutzen. Beim Grillen muss er allerdings sicherstellen, dass Grill- und Essensgerüche nur in zumutbarem Umfang und Holzkohleschwaden überhaupt nicht in die Wohnräume des Nachbarn ziehen. Über die Grenzen der Zumutbarkeit entscheiden die Gerichte im Einzelfall. Streitigkeiten lassen sich hier aber meist schon im Vorfeld durch die Verwendung eines Elektrogrills oder aber zumindest von Aluschalen und -folien und eine kurzes Gespräch mit den Nachbarn vermeiden.
Tapeten, Anstriche und Teppichböden: bei Auszug Sache des Mieters?
Der Mieter ist verpflichtet, anlässlich seines Auszuges alle Einrichtungen, mit denen er das Mietobjekt versehen hat, wie z.B. Teppiche und andere Bodenbeläge, Vertäfelungen etc., rückstandslos zu entfernen. Neutapezierung oder Neuanstrich schuldet er nur dann, wenn mit dem Vermieter eine rechtswirksame Regelung über diese Schönheitsreparaturen getroffen wurde. Dies ist wegen der vielfältigen Rechtsprechung zu diesem Punkt im Einzelfall zu prüfen.
Tod des Mieters = Ende des Mietverhältnisses?
Stirbt der Mieter einer Wohnung, führt dies nicht automatisch zur Beendigung des Mietverhältnisses. Hat er nicht allein gelebt, können die Personen, mit denen er die Wohnung teilte (Ehepartner, Lebensgefährte, Familienangehörige) das Mietverhältnis übernehmen § 563 BGB). Bei allein lebenden Mietern, wird das Mietverhältnis nach deren Tod mit den Erben fortgesetzt (§ 564 BGB). Sowohl die Erben als auch der Vermieter sind berechtigt, das Mietverhältnis schriftlich unter Einhaltung der Drei-Monats-Frist ohne Angaben von Gründen zu kündigen. Neben der Pflicht zur Weiterzahlung der Miete treffen die Erben auch die Räumungs- und die evtl. vom Mieter vertraglich übernommenen Renovierungspflicht
Verkauf des Hauses - Mieter raus?
Nach § 566 BGB (»Kauf bricht nicht Miete«) tritt der Erwerber eines Grundstückes an die Stelle des Veräußerers in die sich aus dem Mietvertrag ergebenden Rechte und Pflichten ein. Das Mietverhältnis wird quasi »mitverkauft«. Die Verkaufsabsicht allein berechtigt den Vermieter nicht, das Mietverhältnis zu kündigen, auch wenn er für das Haus bei Leerstand einen besseren Preis erzielen könnte. Der Erwerber kann das übernommene Mietverhältnis seinerseits nur dann kündigen, wenn er einen der gesetzlichen Gründe, z.B. Eigenbedarf, hat.
Im Einzelfall ist es empfehlenswert, den Mietvertrag durch einen Fachjuristen prüfen zu lassen. Vermieter erhalten solchen Rechtsrat z.B. bei Haus und Grund Herford e.V., Haus des Handwerks, Elisabethstraße 3.

Artikel vom 09.07.2005