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Kreuz statt Krippe
im Andachtsraum

Gespendet für das Jacobi-Haus

Bünde (BZ). Manchmal werden Wünsche wahr, könnte Hausleiter Bernd Hainke denken. Obwohl er für das Jacobi-Haus das nicht wirklich ergattern konnte, was er wollte. Kreuz statt Krippe, das hat er bekommen. »Im November vergangenen Jahres suchte ich eine Krippe, um unsere Weihnachtsfeiern festlicher zu machen.« Die Krippen waren schon vergeben. Doch die Georgenkirche in Bielefeld hatte ein Herrlichkeitskreuz sowie zwei Kirchenbänke und eine Orgel, denn die Kirche musste wegen Baufälligkeit geschlossen werden.

Die zuständige Martinigemeinde in Bielefeld überließ die Utensilien der Alteneinrichtung. Und eigentlich konnte der Raum im Keller erst jetzt richtig gestaltet werden. »Wir halten hier schon seit 1992 Aussegnungsfeiern ab«, so Hausleiter Hainke. Wenn Menschen sterben, ist es besonders wichtig für die Mitbewohner im Haus, sich in Ruhe verabschieden zu können. Von Beginn an gab es Lieder, Bibeltexte und kleine persönliche Worte für die Freunde und die Angehörigen. »Im Moment des Abschiednehmens zur Ruhe kommen zu dürfen an der Seite des Toten, das hat in unserer Einrichtung Tradition«, sagt Hainke.
Aussegnungsfeiern, die bislang in recht kahler Umgebung in einem Kellerraum stattfinden mussten, haben nun ein einladendes Ambiente. Kirchenbänke zu beiden Seiten, das Herrlichkeitskreuz vorne und darunter ein gläserner Altar, dessen Füße die zwei Teile eines durchgesägten Baumstammes bilden. Dr. Martina Plieth, seit März Pastorin im Jacobi-Haus, zeichnet für den Altar und die Schindeln als Kerzenhalter verantwortlich. »Mir ist in den ersten Gesprächen mit den Bewohnern schnell klar geworden, wie wichtig ihnen die Natur ist. Viele unserer Bewohner kommen aus der Landwirtschaft und sie vermissen oft ihre Gärten.« Da habe der Baumstamm als Altarfuß nahe gelegen. Darum hat sie sich dann direkt gekümmert.
Die Pastorin, die den neuen Andachtsraum Ende Mai einweihte, ist von dem Engagement des Hauses und seinen 103 Bewohnern begeistert. »Sehen Sie sich den Boden an - das Parkett ist komplett neu, das hat ebenfalls ein Mitarbeiter mal eben so gemacht.« Plieth und Hainke können auf eine ganze Schar von Mitarbeitern blicken, die bei der Verschönerung des Raumes mitgeholfen haben. Neue Vorhänge gibt es, die Regale sind ebenfalls hinter grauen Lamellen verschwunden. Die Pastorin, die zurzeit an einem Buch über Seelsorge an älteren Menschen arbeitet und angehende Theologen an der Universität Münster ausbildet, fühlt sich bereits pudelwohl an ihrem neuen Arbeitsplatz, weil sie hier »optimal Theorie und Praxis der evangelischen Theologie miteinander verbinden kann«. Neben dem Freitagsgottesdienst, der im Aufenthaltsraum des Jacobi-Hauses stattfindet, will Plieth in der kleinen Kapelle im Keller Andachten zu Symbolen halten. Besonders das Herrlichkeitskreuz bietet sich dafür an.
Das Kreuz stellt eben nicht das Leiden Christi in den Vordergrund, sondern zeigt die Evangelisten, dargestellt als Adler, Stier und Löwe - biblische Symbole, die sich auch in Namen und Logo des Johanneswerks widerspiegeln. Plieth hat sich auf die Fahnen geschrieben, »Theologie genießbar zu machen«. Und beide, der Hausleiter wie die Theologin, wollen sich für ihre Bewohner stark machen. »Ältere Menschen sind ein Teil von Kirche und Gemeinde. Wir wollen für sie da sein und ihnen Raum geben.« Der neue Andachtsraum ist für alle da. Und nicht nur die Bünder sind eingeladen, Kreuz, Altar und Atmosphäre auf sich wirken zu lassen.

Artikel vom 09.07.2005