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»Canossa« erschüttert weiter die Stadt

Kulturausschuss fordert Gleichbewertung der drei Ausstellungsteile - Historiker ungehalten

Von Andrea Pistorius
Paderborn (WV). Es knirscht einmal mehr im Gefüge des Ausstellungsprojekts »Canossa«. Der Kulturausschuss des Stadtrates äußerte am Mittwochabend große Besorgnis, dass der städtische Part in der Galerie am Abdinghof weniger Beachtung finde als die Sektionen in Kaiserpfalz und Diözesanmuseum.

Bedenken in diese Richtung haben auch die wissenschaftlichen Berater der Stadt, die Historiker Prof. Dr. Frank Göttmann und Prof. Dr. Dietmar Klenke, geäußert. Klenke war auf Drängen des Ausschussvorsitzenden Josef Hackfort (SPD) und seines Stellvertreters Joseph Vögele (CDU) zur Sitzung eingeladen worden, um das Konzept der beiden Hochschullehrer für die Sektion III der »Canossa«-Ausstellung in der Galerie am Abdinghof vorzustellen. Den Ausschuss überraschte er mit einer Erklärung, die er seinem Vortrag vorausschickte. Darin stellte Klenke klar, dass weder er noch Göttmann Verantwortung übernähmen für die Ausführung des Konzepts. Sie seien allein dafür zuständig, die wissenschaftliche Basis zu schaffen.
Hintergrund dieser Absicherung sind nach Auskunft des Historikers Unstimmigkeiten zwischen der Ausstellungsgesellschaft und den beiden Wissenschaftlern, von denen Klenke hofft, dass sie jetzt ausgeräumt sind. Die beiden Professoren hatten im Mai 2004 eine erste Anfrage der Ausstellungsgesellschaft erhalten, den Part am Abdinghof unter der Überschrift »Canossa-Rezeption in der Neuzeit« wissenschaftlich zu begleiten. Sie sicherten ihre ehrenamtliche Mitarbeit zu, haben aber erst vor zwei Wochen einen Vertrag erhalten. Bis dahin sind sie im Vertrauen auf mündliche Zusagen an ihre Konzept-Arbeit gegangen.
Diese im Kulturausschuss bekannten Tatsachen haben zur Unruhe unter den Ratsmitgliedern beigetragen. Wilfried Gabriel (SPD), Norbert Kortlüke (Grüne) und Joseph Vögele (CDU) legten Wert auf einen Vermerk im Sitzungsprotokoll, »dass alle drei Ausstellungssektionen qualitativ und finanziell gleichwertig behandelt werden sollten«. Kortlüke, Vögele und Hackfort sind auch Mitglieder der »Canossa«-Gesellschafterversammlung und haben sich auch hier für eine Gleichbewertung der drei Ausstellungsteile eingesetzt.
»Kaiserpfalz- und Diözesanmuseum sind durch ihre Leiter fachlich kompetent in der Ausstellungsgesellschaft vertreten«, macht Hackfort deutlich. »Deshalb haben wir in Kulturausschuss und Gesellschafterversammlung auf eine wissenschaftliche Begleitung des städtischen Parts gedrängt«. Der Vorsprung, den Prof. Dr. Matthias Wemhoff und Prof. Dr. Christoph Stiegemann gehabt hätten, sei nun hoffentlich aufgeholt. Auch Kulturdezernent Wolfgang Walter räumt ein: »Wir hinken zurück«. Doch bis Ende Juli »ist das Drehbuch fertig«, versicherte er dem Kulturausschuss.
Das ehrgeizige Ausstellungsprojekt »Canossa 1077 - Erschütterung der Welt« soll im Juli 2006 eröffnet werden und wird etwa 4,6 Mio. Euro kosten. Die Stadt leistet einen Beitrag von einer Million, die beiden Partner zahlen jeweils 500 000 Euro.

Artikel vom 01.07.2005