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Ohne noch mehr Ehrenamt geht nichts

Information über finanzielle Situation der Kirchengemeinde Börninghausen - Sparzwang

Börninghausen (wm). Eine eindeutige Antwort auf die provokativ gemeinte Frage »Wie lange gibt es noch eine Kirchengemeinde Börninghausen?« gab es in der Gemeindeversammlung am Dienstagabend nicht. Allerdings wurde deutlich, dass man sich im Eggetal - wie auch in den übrigen Gemeinden des Kirchenkreises Lübbecke - finanziell »nach der Decke strecken muss, um zu überleben«.

Man müsse dem demografischen Wandel Rechnung zu tragen, betonte Verwaltungsleiterin im Kreiskirchenamt, Elisabeth Halwe-Grote, und dabei Kirchenarbeit trotzdem zu erneuern, zu verbessern und umzugestalten. Den Wandel machte sie an einigen Zahlen fest. 1974 zählte die ev.-luth. Kirchengemeinde Börninghausen noch 2 306 Gemeindeglieder. Am Stichtag 16. Oktober 2004 waren es noch 1 839, und im Jahre 2030 werden nach einer Hochrechnung nur noch 1 280 Glieder zur Gemeinde gehören. Damit verbunden sei ein dramatischer Rückgang der Kirchensteuer-Einnahmen, der sich ab 2020 noch beschleunigen werde, wenn dann die geburtenstarken Jahrgänge aus dem Erwerbsleben ausschieden. Selbst ein starkes Wirtschaftswachstum, das sehr fraglich sei, könne dies nicht ausgleichen. Kosten und Strukturen müssen den sinkenden Gemeindegliederzahlen angepasst werden. »Mit der Zusammenlegung der Kirchenchöre Börninghausen und Holzhausen wurde auch anderen Gemeinden ein wichtiges Signal gegeben. Loslassen und zurückbauen müssen alle«, betonte Frau Halwe-Grote abschließend.
Konkrete Zahlen für die Kirchengemeinde lieferte Carsten Schöneberg, Leiter der Finanzabteilung im Kreiskirchenamt. Nach seinen Angaben sinkt der Anteil Kirchensteuer pro Gemeindeglied im Eggetal von 76,27 Euro in diesem Jahr auf 73,99 Euro in 2006 -Êbis auf 68,59 Euro im Jahr 2009. Einschließlich der Übergangsbeihilfe - diese zahlt der Kirchenkreis mit sinkender Tendenz noch wenige Jahre, um die Gemeinden nicht ins Minus rutschen zu lassen - geht die Gesamtzuweisung an die Gemeinde von 76 172 Euro in diesem Jahr auf nur noch 42 852 Euro in 2009 zurück. Dabei bilden die Personalkosten - ohne Pfarrerbesoldung - den größten Anteil. Im Jahr 2003 habe die St. Ulricus-Kirche 15 997,10 Euro gekostet, das Gemeindehaus 33 063,35 Euro: u.a. an Personal, Beleuchtung, Reinigung, Heizung. Die Personalkosten beliefen sich auf 51,5 Prozent des Gemeindeetats, die Bauunterhaltung auf rund 28,9 Prozent. Positiv: Dank rechtzeitig eingeleiteter Sparmaßnahmen ist der Gemeindehaushalt in diesem Jahr ausgeglichen, und für 2006 sieht es »so schlecht nicht aus«.
In der Diskussion wurde Kritik am Finanzgebahren der evangelischen »Dachverwaltungen« EKD und Evangelische Kirche von Westfalen laut. Auch hier arbeite man an Veränderungen, sagte Kreissynodal-Vorstandsmitglied Henning von Eichel-Streiber. Auf das »Misstrauen gegenüber der Kirchenkreisverwaltung« sei mit der Bildung einer Kommission reagiert worden, der auch Gemeindeglieder angehören. Sie solle prüfen, ob die Verwaltung effizient arbeite. Von Eichel-Streiber betonte weiter, dass das Thema »Verkauf von kirchlichem Grundvermögen« zur Finanzierung der kostenträchtigen Renovierung der St. Ulricus-Kirche noch nicht »vom Tisch« sei. Zwar tue sich »Kirche« damit schwer, doch seien die Dinge nach mehreren Briefen wieder »im Fluss und noch nicht entschieden«.
Noch mehr Ehrenamt, das wurde deutlich, ist nötig, um das Angebot der Kirche auf vielen Feldern erhalten zu können. Dass es bereits jetzt enorm ist, machten Sprecher von insgesamt 13 Gruppen klar, die ihre Arbeit zu Beginn der Versammlung vorstellten. Und für weitere ehrenamtliche Dienstgruppen - Fenster putzen, Pflege der Außenanlagen von Kirche und Gemeindehaus, Betreuung der Altarwäsche - stellten sich am Schluss der Versammlung spontan zahlreiche Gemeindeglieder zur Verfügung.

Artikel vom 30.06.2005