02.07.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Bankgeheimnis
gilt nicht immer

Neue Zinsbesteuerung in der EU ab 1. Juli

Von Martin Schrahe
Am 1. Juli tritt die EU-Richtlinie zur Besteuerung grenzüberschreitender Zinszahlungen an Privatanleger in Kraft. Nach langen Verhandlungen haben sich die Mitgliedstaaten auf ein Verfahren geeinigt, das die Zinsbesteuerung in allen Mitgliedsstaaten gewährleisten soll.

12 der alten 15 EU-Mitgliedstaaten führen Kon-trollmitteilungen für grenzüberschreitende Zinszahlungen an EU-Bürger mit Sitz in anderen EU-Ländern ein. Das Bankgeheimnis gilt hier zumindest gegenüber dem Fiskus nicht mehr.
Belgien, Luxemburg und Österreich dagegen haben sich strikt geweigert, ihr Bankgeheimnis zu lockern und führen daher eine Quellensteuer für Zinserträge in Höhe von 15 Prozent ein. Ab Juli 2008 steigt der Quellensteuersatz auf 20 und im Juli 2011 auf 35 Prozent.
Unter die neue Regelung fallen alle Zinszahlungen für festverzinsliche Wertpapie-re, insbesondere Anleihen. Aber auch Zinsen für Geldmarktinstrumente und auf-gelaufene Erträge aus Zerobonds sowie Ausschüttungen von Investmentfonds, sofern diese Ausschüttungen auf Zinserträge des Fonds zurückzuführen sind. Darüber hinaus werden Erträge, die einem Investmentfonds bei der Veräußerung vor der Rückzahlung von Anteilen an anderen Investmentfonds zufließen dieser Zinsabschlagsteuer unterworfen, wenn mehr als 40 Prozent des Fondsvermögens in zinstragenden Papieren angelegt waren.
Nicht alle Kapitalanlagen sind von der Neuregelung betroffen. Dividenden aus Aktien sowie Werterhöhungen sind von nicht festverzinslichen Anlageinstrumenten wie etwa Zertifikaten von der Neuregelung ausgenommen. Darüber hinaus sind die Erträge aus so genannten »Grandfathered Bonds« nicht betroffen. Dies sind insbesondere Schuldverschreibungen, die vor dem 1. März 2001 emit-tiert wurden. Außerdem sind die Zinsen von Schweizer Schuldnern, die bereits dort einer 35-prozentigen Quellensteuer unterliegen, von der Neuregelung ausgenommen, genauso wie die Zinserträge im Zusammenhang mit Versicherungen.
Ob das Ziel, steuerbedingte Verzerrungen von Anlageentscheidungen abzubauen und die Steuerehrlichkeit zu erhöhen, gelingen wird, bleibt abzuwarten. Das Aufkommen der Quellensteuer fließt zu 75 Prozent dem Fiskus im Heimatland des Anlegers und zu 25 Prozent dem Land der Depotführung zu. Deutsche Anleger sollten in jedem Fall ihre Steuerbescheinigungen aufheben, denn diese sind bares Geld wert und können die Steuerlast im Inland spürbar senken.

Artikel vom 02.07.2005