29.06.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Franzose liebt Hövelhofer Schützenfest

Paul Fligg (79) und Marcel Bültel (83) pflegen ihre Freundschaft seit 52 Jahren

Von Axel Langer
Hövelriege (WV). Spätsommer 1944, die alliierten Truppen sind in der Normandie gelandet und liefern sich mit den deutschen Wehrmachtstruppen heftige Gefechte. Unter ihnen auch der gebürtige Ostpreuße und heute in Hövelriege lebende Paul Fligg (79). Im August 1944 gerät der damals 18-Jährige in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Bis September 1947 wird er in einem Kriegsgefangenenlager festgehalten. Einem glücklichen Umstand hat Paul Fligg eine bis heute währende enge Freundschaft zu verdanken.

Seit 52 Jahren pflegen der damalige Kriegsgefangene Fligg und der Franzose Marcel Bültel regelmäßig ihre Freundschaft. Der 83-Jährige war jetzt mit seiner Frau Nelly in der Senne zu Gast.
In den ersten Nachkriegsjahren fehlte es der französischen Landwirtschaft an qualifizierten Arbeitskräften. Paul Fligg stammt von einem ostpreußischen Bauernhof und verstand etwas von der Landwirtschaft. Zunächst war er als Zivilarbeiter auf dem Bauernhof eines Belgiers in Fallencourt, einem 160 Einwohner zählenden Dorf in der Normandie, eingesetzt.
»Mir ist Paul sofort aufgefallen, der konnte zupacken und war ein anständiger Kerl«, erinnert sich Marcel Bültel (83). Schnell stellte der französische Landwirt einen Antrag, dass Fligg auf seinem Hof eingesetzt wird. Der Antrag wurde genehmigt und Paul Fligg wurde aus der Kriegsgefangenschaft entlassen. Marcel Bültel bewirtschaftete einen Bauernhof mit 35 Hektar, zehn Kühen und vier Pferden. Auf dem Hof war der Hövelrieger für das Melken der Kühe zuständig. »Er hat sich immer die schwierigen Kühe rausgesucht und mir die umgänglichen Kühe überlassen«, lacht Nelly Bültel. »Paul hat innerhalb von sechs Monaten Französisch gelernt und war bald nicht mehr von unserem Hof wegzudenken«, erinnert sich die Bäuerin. »Von dem Geld, was er bei uns verdient hat, hat sich Paul einen Anzug und eine Fahrrad gekauft«, weiß sie noch heute. Allerdings zog es Paul Fligg Ende 1948 nach Hövelriege zu seiner Familie, die inzwischen ein neues Zuhause gefunden hatte.
1953 wollte Paul Fligg wissen, wie es Familie Bültel geht. »Ich hatte mich nicht angemeldet und bin einfach losgefahren.« Mit einem Motorrad machte er sich auf die 700 Kilometer lange Strecke. »Ich wurde wie ein alter Freund aufgenommen und bin zehn Tage geblieben«, erzählt Fligg.
1960 fuhr der Hövelrieger gemeinsam mit seiner Frau Theresia wieder nach Frankreich. 1970 kamen Marcel und Nelly Bültel erstmals nach Hövelriege. Seitdem besuchen sie sich alle zwei bis drei Jahre gegenseitig. » Marcel kommt besonders gerne zum Hövelhofer Schützenfest. Er ist von der großen Parade und den Musikkapellen absolut begeistert, so haben wir auch in diesem Jahr die Parade und das Schützenfrühstück besucht«, sagt Theresia Fligg. »Unsere Freundschaft wird bestehen, bis wir aus dem Leben scheiden«, sind sich die Freunde Marcel Bültel und Paul Fligg sicher.

Artikel vom 29.06.2005