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Die Kolumne Stadtgespräch erscheint mittwochs in dieser Zeitung.

Stadt
Gespräch

40 Jahre am »Katzentisch« (126. Folge): Köhlers Dienst am Menschen


Dienstag nächster Woche wird Ehren-Landrat Joseph Köhler 85 Jahre alt. Sein dritter Nachfolger Manfred Müller hat am 5. Juli zu einem Geburtstagsempfang ins Kreishaus eingeladen. Mit ihm werden treue Weggefährten und die jetzt in Politik und Verwaltung Verantwortlichen auf eine gute Zukunft anstoßen.
Landrat Müller: »Ehren-Landrat Joseph Köhler hat sich von 1961 bis 1994 große Verdienste um den Kreis Paderborn erworben. Seine Fähigkeiten hat er auch als Mitglied des Landtages und in Spitzenpositionen des NRW-Landkreistages und des Deutschen Landkreistages eingebracht. Die Entwicklung des Kreises Paderborn wurde von ihm maßgeblich mitgeprägt. Dafür gebührt ihm Dank und Anerkennung.«
Joseph Köhler ist der Dinosaurier unter verdienstvollen heimischen Kommunalpolitikern. Er wurde 1946 erstmals in ein politisches Amt gewählt. Als gerade aus der Kriegsgefangenschaft Heimgekehrter kam er als junges CDU-Mitglied in den Elsener Gemeinderat. 1961 wechselte er in den Kreistag und wurde hier schon 1965 Landrat. In diesem Amt blieb er bis 1993. Endgültig Abschied als Kommunalpolitiker in 48 Jahren nahm er im Oktober 1994. Ich widmete ihm die Schlagzeile: »Joseph Köhler sah die Politik stets als Dienst am Menschen, ein halbes Jahrhundert lang!«
Köhler wurde am Ikenberg östlich der Kaiserpfalz als »Ur-Paderborner« (Bürgermeister Wilhelm Lüke) geboren. Sein Vater war durch einen Unfall Frührentner geworden, weshalb der Sohn schon als Kind gezwungen war, zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen. Der Elfjährige arbeitete als Laufbursche des Feinkosthauses Giovanni Bianchi.« Wenn jemand wissen will, was Armut bedeutet, ich kann es ihm erklären«, sagt Köhler noch heute. Beim Volksschulabschluss war er Jahrgangsbester. Er durfte 1934 die Lehrstelle in der Stadtverwaltung nicht antreten, weil er es ablehnte, in der Hitlerjugend mitzumachen.
Nach 1945 lebte der damalige Eisenbahn-Hilfsschlosser Joseph Köhler in Elsen. 1948 wurde er Geschäftsführer der Gewerkschaft der Eisenbahner. Er war für die Männer in der »Rotte« am Schienenstrang, in den Ausbesserungswerken und im Fahrdienst »unser Joseph«.
Blitzkarriere aus der Position des Landrats in einem gesunden Landkreis: Köhler wurde 1966 als Nachfolger von Christoph Töller in den Düsseldorfer Landtag gewählt. »Ich war zweimal nicht der Kandidat meiner Partei, aber Freunde und Förderer haben mich kräftig unterstützt.« Zum Abschluss war er 1985 Vorsitzender des Finanzausschusses des Landtages. Seine Kollegen nannten ihn wegen seiner gestenreichen Diskussionsbeiträge den »Karajan vom Schwanenspiegel« ( Das Plenum tagte bis zum Neubau am Rhein im Ständehaus am Schwanenspiegel)
Köhler, der 28 Jahre Landrat des Kreises Paderborn war, stieg auf als Präsident des nordrhein-westfälischen und deutschen Landkreistages. Die Mitstreiter lobten hier seine faire Verhandlungsleitung und das Bemühen um Ausgleich. »Ein Herr tritt zurück ins Glied des Kreisparlaments. Ein wahrer Kreisvater nimmt Abschied. Der Kumpel, liebenswürdig und hilfsbereit, der Kamerad, das Vorbild für ein begnadetes christliches Leben bleibt bis 1994«: So stand es am 20. März 1993 in meinen »Paderborner Perspektiven«.
Seinen Rücktritt als Landrat begründete Köhler mit dem oft wiederholten »Es gibt noch ein Leben vor dem Tod.« Was wollte er damit sagen? »Ich glaube als überzeugter Christ an ein Leben nach dem Abschied von dieser irdischen Umgebung. Deshalb meine ich, dass es sich bis dahin hier auf Erden auch ganz schön leben lässt.«
Das hat er in inzwischen zwölf Jahren im Familien- und Freundeskreis genießen dürfen. Georg Vockel

Artikel vom 29.06.2005