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Vom Flieger-Virus infiziert . . .

Paragleiten ohne Berge: Die Wiehenflieger machen es in Bünde möglich

Von Sebastian Picht
Bünde (HK). »Wenn man einmal Blut geleckt hat, dann kommt man nicht mehr los.« Hans-Jürgen Till weiß, wovon er spricht, das Flieger-Virus ist längst in ihm. Nach wenigen Flügen mit dem Paragleiter war er infiziert. Nun kann der zweite Vorsitzende der Wiehengleiter, die in Dünne eine Startbahn betreiben, vom luftigen Hobby nicht genug bekommen.
Beobachtet seinen Vater in der Luft: der 19-jährige Benjamin Till.

Samstagnachmittag, die Temperaturen nagen an der magischen 30-Grad-Grenze, ein laues Lüftchen weht -Êund macht was es will. Mal kommt der Wind aus Osten, mal aus Süden, mal aus westlicher Richtung. Konstanz ist weit gefehlt. Doch Hans-Jürgen Till hält nichts am Boden. Ruckzuk: in Windeseile baut er seinen Paragleiter-Schirm auf, bringt alles in Ordnung und begibt sich an die Startposition. Einige Minuten muss er zwar warten, bis die Windbedingungen passen, doch dann wird das Start-Signal durchgefunkt. Etwa 700 Meter weiter schaltet Klaus Reiche die Winde an, Till nimmt Anlauf und nach nur wenigen Schritten schwebt er über dem Feld. Das Seil, das er an sich befestigt hat, zieht den Sportler nun in die Höhe, bis er sich ausklingt. Dann hat Hans-Jürgen Till das, was er so liebt: »Das freie Fliegen.« Doch der Traum von der grenzenlosen Freiheit dauert dieses Mal nur wenige Minuten, bevor Till auf dem Boden aufsetzt. »Bei optimalen Bedingungen kann man durchaus eine Stunde lang in der Luft sein und teilweise vier bis fünf Kilometer zurücklegen. Aber dafür muss alles stimmen«, berichteten die Wiehengleiter. So hält die Vogel-Perspektive für Till nicht lange an. Aber eins ist sicher: der nächste Gleitflug mit seinem Schirm kommt ganz bestimmt. Angesteckt ist auch schon sein Sohn Benjamin, der die Leidenschaft des Vaters längst auch zu seinem Hobby gemacht hat. Der 19-Jährige ist das jüngste Mitglied bei den Wiehengleitern. Im Verein sind derzeit elf Sportler aktiv.
Paragleiten - das kennt man normalerweise aus den Alpen. Doch auch auf dem »platten« Bünder-Land ist das möglich. Von der Stadt hat der Verein die etwa 700 Meter lange Startbahn zur Verfügung gestellt bekommen, kürzlich war nun Saisoneröffnung, die ersten -Êwenn auch nur kurzen Flüge -Êwurden absolviert. »Um dieses Gelände haben wir lange gekämpft«, erzählt Lothar Schläger. Allerdings kann in Dünne nur bei zwei Windrichtungen gestartet werden. »In Brokum verfügen wir über zwei weitere Startbahnen«, so Schläger.
Dafür, dass die Paragleiter an Höhe gewinnen, sorgt die Winde, die von einem alten, umgebauten VW-Käfer-Motor betrieben wird.
Flugbetrieb ist meistens am Wochenende, denn »dann haben die meisten Zeit«.
Die Wiehengleiter gehen aber nicht nur in Ostwestfalen an den Start. Ausflüge in die Alpen, wo es einfach bessere Bedingungen für diesen Sport gibt, zählen zum Vereinsleben dazu. Auch Benjamin Till war bereits im Hochgebirge und ist dort geflogen. Schließlich macht es dort noch eine Portion mehr Spaß.
Rundherum ist es jedenfalls ein tolles Hobby. »Zudem ist Paragleiten auch sehr umweltfreundlich. Es verursacht keinen Lärm, es macht keinen Dreck und es stinken keine Abgase. Man ist lediglich auf die Thermik angewiesen und muss das ein oder andere Mal Geduld beweisen. Natürlich geht man, wenn man in die Luft abhebt, auch immer ein gewisses Risiko ein«, erzählen die Vereinsmitglieder.
Über Zuwachs würden sich die Wiehengleiter sehr freuen. Zum Schnuppern wird ein Tandemsprung angeboten, der in etwa 50 Euro kostet. »Wir würden uns auch sehr über junge Mitglieder freuen«, sagt Hans-Jürgen Till, der zweiter Vorsitzender des Vereins ist.
Jeden ersten Montag im Monat treffen sich die Flieger übrigens im Vereinslokal »Hörsterbusch« und würden sich auch dort über Besuch von Interessierten freuen.
Weitere Informationen zu dem Verein gibt es auf der Internetseite der Wiehengleiter.
www.paragleiter-buende.de

Artikel vom 27.06.2005