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Von der Schwafelsteuer
bis bald zu Hartz VII . . .

Kabarettist Arnulf Rating ulkt in Altenbeken

Von Ulrike Florschütz
(Text und Foto)
Altenbeken (WV). Wenn der Dinosaurier der deutschen Kabarettszene Arnulf Rating jeden Abend mit seinem Chef ins Bett geht, sagt das nichts über seine sexuellen Vorlieben aus, sondern beschreibt ganz einfach die bisweilen bizarren Auswüchse der »Ich-AG Rating«. Chef und Arbeitnehmer zugleich zu sein, das führt unweigerlich zu jeder Menge Konfliktstoff.

Davon konnte sich Freitagabend ein gemütlicher Kreis von knapp 70 Zuschauern überzeugen, der trotz tropischer Temperaturen den Weg ins Altenbekener Eggemuseum gefunden hatte. »Alles prima« heißt das Programm des preisgekrönten Kabarettisten, - und das ist glatt gelogen. Nicht nur die Ich-AG hat so ihre Schattenseiten, nein, in der Politik gibt es sehr viele weiterer Irrwege.
Schnellsprecher Rating ist kaum fünf Minuten auf der Bühne, da hat er schon einen beachtlichen Teil der Politiker sämtlicher Parteien samt deren Friseur Udo Walz durch den sprichwörtlichen Kakao gezogen. Das Publikum ist ganz auf seiner Seite, wenn er für die Einführung der Unvermögens - wie auch der Schwafelsteuer - plädiert. Dagegen hält er den Vorsatz, Beamte künftig nach Leistung zu bezahlen, für nicht durchführbar. »So viele 1-Euro-Jobs haben wir doch gar nicht!«.
Der Mitbegründer der Berliner Anarchotruppe »Die 3 Tornados«, die in den siebziger Jahren nicht nur mit Preisen, sondern auch mit Auftrittsverboten und Gerichtsprozessen konfrontiert wurde, hat kaum an Biss verloren. Das bekommt auch Dieter Bohlen, »ein Mann, der das Brett vorm Kopf bereits im Namen trägt«, zu spüren. Da kann er noch so viele Bücher schreiben.
Nach der Pause geht es dann weiter mit zwei Stapeln Bild-Zeitungen. Natürlich eignen sich die Schlagzeilen auf der Titelseite bestens für jede Menge bissiger Kommentare. Trotzdem sollte sich der Berliner Zeitungssammler von ein paar Exemplaren trennen, sonst wird«s zu langatmig, und der Zuhörer könnte verpassen, wenn Bild fragt »Macht Dschungel-TV dumm?«, und Rating mutmaßt: »Da muss schon vorher «was gewesen sein«.
In einem Museum bietet sich das Thema »Alter« von ganz allein an. Arnulf Rating ist sich hier besonders sicher, dass er keine Riester-Rente möchte, sondern sehr viel lieber Riesters Rente. Unter einer grauen Lockenwicklerperücke malt er sich die Zukunft mit Hartz VII - »in 30 Jahren könnte es soweit sein« - schön. Im schnittigen Rollstuhl zwischen Inkontinenz- und Amnesiecenter wird er viel Spaß haben mit Kai und »den anderen Pflaumen«.

Artikel vom 27.06.2005