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Wirtin auf den
Kopf geschlagen

Angeklagte leugnen Gewalttat

Herford(cl). Selten haben sich zwei Angeklagte so ungeschickt vor dem Jugendschöffengericht präsentiert wie der 21-jährige Russlanddeutsche Bruno J. (Namen geändert) und der ebenfalls in Kirchlengern wohnende Bernd S. (25).

Die Angeklagten haben die Fachoberschulreife beziehungsweise eine Ausbildung zum Steuerfachgehilfen. Doch der Alkoholmissbrauch hat tiefe Spuren bei ihnen hinterlassen. Über den gebürtigen Bünder S. urteilt der Kriposachbarabeiter: »Er ist zwar intelligent, aber durch Alkohol- und Drogenkonsum unberechenbar geworden«. Vorsitzender Richter Dieter Bollhorst bezeichnete ihn als »lebende Bombe«.
Die Tat am 5. Oktober in Kirchlengern war ebenso unbegreiflich wie das Verhalten vor Gericht, das die Angeklagten zum Leidwesen ihrer Verteidiger Ralph Nalop und Ralf Eggersmann an den Tag legten. Spätestens nach dem Auftritt ihres Opfers hätten die Angeklagten ihre Taktik abrupt ändern müssen. Aber sie leugneten bis zum Schluss alle körperlichen Übergriffe auf die 53-Jährige, die in einem Lokal aushalf. Dort wird um 20 Uhr Feierabend gemacht, um die Einnahmen des darüber liegenden Bordells nicht zu schmälern.
Die betrunkenen Angeklagten betraten die Wirtschaft und ließen sich partout nicht abweisen. Bernd S. stieß die Frau gegen die Wand und begann, zwei Bier zu zapfen. Bruno J. ging mit unerklärlicher Brutalität gegen die Rentnerin vor, nahm sie in den Schwitzkasten, schlug ihr mehrfach auf den Kopf und verschlimmerte so den bereits bestehenden Halswirbelsäulen-Schaden. Der Ältere setzte sich solange auf einen Stuhl, hielt seinen Komplizen nicht von seinem brachialen Vorgehen ab. Der arbeitslose Russlanddeutsche dazu: »Ich habe nichts gemacht. Das sagt die Frau doch nur, weil sie Geld von mir will. Warum sitzt sie denn nicht im Rollstuhl?«
Seinen Traum, zur Bundeswehr zu gehen und dort eine Berufsausbildung anzusteuern, kann er sich abschminken: Weil er schon einmal in einen ganz ähnlichen Vorfall wegen einer Schachtel Zigaretten verwickelt war, verurteilte ihn das Richtertrio auf Antrag von Staatsanwalt Helmut Keller zu 15 Monaten ohne Bewährung. Bernd S. kam mit sechs Monaten auf Bewährung und 100 Arbeitsstunden günstiger weg.

Artikel vom 24.06.2005